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Lieder (Fragmente)
[GA B 1/2,2] Ermutigung zur Übersetzung der Hamasa

Entstehungszeitraum: 09.1905
Quellen:

Textquelle

Entwurf

Beschreibung:Das II. Skizzenbuch enthält Notierungen zu insgesamt sieben Fragmenten, deren Datierung gemäß ihrem Platz im Skizzenbuch vorzunehmen ist:
S. [24] O süße Blic[k', o Wörtlein klug gewendet] und Ohne Text 6; S. [28] Ohne Text 7. Nach der Datierung April 1905 am Anfang des Skizzenbuches folgt mit 26. IX. 1905 erst auf S. [60] wieder ein Datum; die Fragmente dürften also im Sommer 1905 entstanden sein.
S. [54] [Ermutigung zur Übersetzung der Hamasa Die Poesie in allen ihren Zungen]. Das Fragment folgt der Ersten Niederschrift zu op. 6, 2 auf S. 53, dessen Niederschrift mit 6. IX. 1905 datiert ist, und geht S. [60] mit dem genannten Datum voraus; die Entstehungszeit des Fragments ist also mit September 1905 anzusetzen.
S. 81 bis 83 Lieder eines Sünders Im Sklavendienst der Lüge; S. [88] Die Kürze Warum bist du so kurz? liebst du wie vormals denn; S. 89 Abendstille Abendstille, weich und warm. Nach der Letzten Datierung 28. X. 1905 auf S. [80] und bei der Annahme, daß das 116 Seiten umfassende Skizzenbuch bis April 1906, dem Anfangsdatum des III. Skizzenbuches, benutzt wurde, ist die Einordnung von Lieder eines Sünders auf Herbst 1905, die der beiden anderen Fragmente auf Ende 1905 bis Anfang 1906 naheliegend. (Schmidt, Christian Martin: GA, Reihe B, Bd. 1/2, Teil 1, S. 48)

Überliefert ist ein untextierter einstimmiger Entwurf, dessen Zuordnung lediglich durch einen Hinweis auf die Textquelle gegeben ist. (Schmidt, Christian Martin: GA, Reihe B, Bd. 1/2, Teil 1, S. 374)

Besetzung: Gesangsstimme, Klavier
Gattung: Lieder --> mit Klavierbegleitung (Fragmente)
Text:

Text nach Vorlage:

Ermutigung zur Übersetzung der Hamasa.1
   1828.

Die Poesie in allen ihren Zungen
Ist dem Geweihten eine Sprache nur,
Die Sprache, die im Paradies erklungen,
Eh' sie verwildert auf der wilden Flur.
Doch wo sie nun auch sei hervorgedrungen,
Von ihrem Ursprung trägt sie noch die Spur;
Und ob sie dumpf im Wüstenglutwind stöhne,
Es sind auch hier des Paradieses Töne.

Die Poesie hat hier ein dürft'ges Leben,
Bei durft'gen Herden im entbrannten Sand,
Mit Blütenschmuck und Schattendurft umgeben,
Mit Abendtau gelöscht den Mittagsbrand,
Verschönt, versöhnt ein leidenschaftlich Streben
Durchs Hochgefühl von Sprach- und Stammverband,
Und in das Schlachtgrau'n Liebe selbst gewoben,
Die hier auch ist, wie überall, von oben.

Wer aber soll die nord'sche Nacht erheitern
Mit solchem Abglanz von des Südens Glut?
Wer den Gesichtskreis meines Volks erweitern,
Daß seinem Blick auf jene Welt sich thut?
Das enge Leben freilich geht zu scheitern,
Je mehr hereinströmt diese Geisterflut;
Duoch, soll der Ost einmal zum Westen dringen,
Wer ist der Mann, ihn ganz heranzubringen?

Darum nur mutvoll vorwärts, auzubeuten
Den spröden Schacht, den nicht erwühlt ein Scherz,
Das fremde Leben deinem Volk zu deuten,
Das ohne dich ihm bliebe taubes Erz.
Wann erst der Menschheit Glieder, die zerstreuten,
Gesammelt sind ans europäische Herz,
Wird sein ein neues Paradies gewonnen,
So gut es blühn kann unterm Strahl der Sonnen.

Und laß dich nicht im edlen Tagwerk irren
Von Schülern, die nur meistern meisterlich,
Die in des Worts zerrütteten Geschirren
Den Geist verschütten, aber trau' auf mich,
Zu sammeln rein den Hauch arabischer Myrrhen,
Geweiht zu meinem Priester hab' ich dich,
Komm, mir im deutschen Pantheon zu räuchern
Und laß die trockne Spreu den trocknen Keuchern!

1 „Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder" erschien erst 1846, nachdem Rückert, wie das vorliegende schöne Gedicht zeigt und wie auch sonst bekannt ist, bereits seit 1828 an der Übersetzung gearbeitet hatte. Die Sammlung, die um 830 n. Chr. Zusammengestellt worden ist, gewährt in 861 nach Form und Inhalt sehr verschiedenen Liedern einen herrlichen Einblick in die älteste Zeit des arabischen Volksgesanges.

(Georg Ellinger (Hrsg.): Rückerts Werke. II. Bd. Leipzig u. Wien: Bibliographisches Institut: o.J., S. 17-18 (= Meyer's Klassiker-Ausgaben in 150 Bänden))

beteiligte Personen: Friedrich Rückert (1788-1866) - Textautor(in)

Erstdruck: GA, Reihe B, Bd. 1/2, Teil 2, S. 167
Gesamtausgabe: Reihe B, Bd.1/2, Teil 2, S. 167; Reihe B, Bd. 1/2, Teil 1, S. 374-375

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