Schönberg komponierte das Fragment zu einer Zeit, als er sich gedanklich bereits mit den Vorarbeiten zu seinem größten Projekt — der fünfsätzigen Symphonie für Soli, Chor und Orchester auf Gedichte von Dehmel und Tagore, Bibeltexte sowie seinen eigenen Prosatext Totentanz der Prinzipien, aus deren letztem Satz schließlich das unvollendete Oratorium Die Jakobsleiter

hervorging – zu beschäftigen begann. Außerdem harrte sein bereits 1910 begonnenes Drama mit Musik Die glückliche Hand op. 18 noch der Fertigstellung. Musikalisch läßt das Fragment bereits das Bemühen erkennen, die Formbildung weniger aus einer Folge kurzer, gestischer Motive, sondern vielmehr auf der Grundlage einer weit ausholenden Melodie zu realisieren, die in den I. Geigen einsetzt und in T. 6 mit deutlichen motivischen Bezügen von den Celli weitergeführt wird.

Eine solche Cellokantilene kennzeichnet auch das auf der Rückseite des Blatts notierte Fragment eines Instrumentalwerks, das vermutlich aus derselben Zeit stammt. Darüber hinaus spielen Verfahren eine Rolle, die sich vielleicht am besten als Isolierung und Synthese von unterschiedlichen Tonsatzelementen beschreiben lassen und bereits auf die Tonsprache der Lieder op. 22 und der Jakobsleiter vorausweisen: So wird etwa der von II. Geige, Bratsche und Cello gespielte übermäßige Dreiklang zum Ausgangspunkt einer auf kleinen bis kleinsten Intervallschritten beruhenden Klangfolge, die sich als „Verräumlichung“ einer linearen Bewegung darstellen läßt. Der Akkord selbst kehrt in Takt 6 transponiert (Halbton aufwärts), klanglich variiert (tr) und mit einem rein rhythmischen Motiv (pizz.) kombiniert in Oboe, II. Geige und Bratsche wieder. (nach: Krämer, Ulrich: GA, Reihe B, Bd. 11, Teil 4, S. 191)

 

Überliefert ist ein Fragment von 8 Takten. (nach: Krämer, Ulrich: GA, Reihe B, Bd. 11, Teil 4, S. 190)