Titel

Werkgattungen

Papiersorten

Volltextsuche

Kategoriensuche

Verknüpfte Suche

Sie befinden sich hier: Alle Titel / Die eiserne Brigade

Die eiserne Brigade

Entstehungszeitraum: 1916
Uraufführung: vermutlich 1916 in Bruck an der Leitha durch Militärangehörige, unter ihnen wahrscheinlich Schönberg
Quellen:

Umschlag

Partiturreinschrift, Kopistenabschrift mit autographen Eintragungen

Stimmen von fremder Hand
Weitere Quellen:

Partitur

Beschreibung:

Die Gelegenheitskomposition Die eiserne Brigade entstand, wie aus dem autographen Vermerk in der Partiturabschrift Ak hervorgeht, im Jahr 1916 für einen „Einjährigen-Kameradschafts-Abend" in Bruck. Während des I. Weltkriegs hatte Schönberg, nachdem er seine Einberufung zum Militär am 15. Dezember 1915 erhalten hatte, wohl von März bis Mai 1916 zunächst seinen Dienst in der Reserveoffiziersschule des Infanterie-Regiments Nr. 4 in Bruck an der Leitha ableisten müssen, bevor er nach Wien versetzt wurde (vgl. u. a. Brief Anton Weberns an Schönberg vom 17. Mai 1916). [...] Nach der gesundheitlich bedingten Versetzung nach Wien wurde Schönberg dann schon Mitte Oktober desselben Jahres zu seiner eigenen Überraschung enthoben und erst 1917 nochmals für kurze Zeit eingezogen. Die autographe Angabe 1916 in Quelle Ak kann also zeitlich vermutlich weiter auf die Monate März bis Mai eingegrenzt werden.

Schönberg hat in Die eiserne Brigade sowohl in der Partitur als auch in einzelnen Stimmen einige Passagen mit einer Textunterlegung versehen, deren Bedeutung bzw. Ausführung nicht immer zu klären ist und die daher einige Fragen aufwirft. [...]

Bei Märschen sind melodische Zitate und eine liedhafte Melodik vor allem im Trio üblich. Auch Schönberg folgt dieser Tradition durch die Komposition eines gesanglichen und sehr eingängigen Themas ab T. 66, außerdem entspricht der Gang in die Tonart der Subdominante der Gattungskonvention. Beginnend in T. 60ff. mit den nun deutlich erkennbaren Signalen Habt Acht! und Vergatterung [...], werden zudem erneut (wie zuvor in T. 10) militärische Signale interpoliert, auch wenn im Trio nun explizite Hinweise auf deren Bedeutung fehlen. In der ersten Klammer vor der Wiederholung des Trios (T. 104aI-XII) zitiert Schönberg schließlich die letzten zehn Takte der Retraite und das Abblasen.

Die Stimmen repräsentieren den letzten Textstand der Komposition, da während der Proben noch Änderungen eingetragen wurden. Deutlich wird dies vor allem am Ende des Trios bei dem nur in der Klavierstimme skizzierten Tierkonzert: In der Partitur (Ak) sind im zweiten Teil der ersten Klammer (T. 105aI-VI) nur die Akkorde der Streicher notiert, während in Klav.I/II die Systeme leer gelassen wurden (es ist auch keine Pause notiert). Schönberg hatte vermutlich die Idee, an dieser Stelle vor der Wiederholung des Marsches eine zum Anlaß des Einjährigen-Kameradschafts-Abends passende „Einlage" einzufügen. Während er bei den einleitenden Takten des Marschs noch den Charakter und den Titel des Werks durch metrische Irritationen und ein etwas befremdliches Pathos ironisiert, ist dieses Tierkonzert, das in seiner eher burlesken Komik dem Klischee eines Kameradschaftsabends eher entspricht, weniger feinsinnig. Zunächst erklingen wie erwähnt die Signal-Zitate aus der Retraite und dem Abblasen, dann Imitationen von verschiedenen Tierstimmen. Diese werden von dem Ruf Ruhe-Hier (vermutlich von einem Einzelnen der Instrumentalisten auszuführen) beendet, einem nächtlichen Befehl in der Stube der Rekruten entsprechend, dem dann auch ein Tutti Schnarchen folgt.

Daß Schönberg bereits in der Partitur Ak an dieser Stelle etwas Besonderes im Sinn hatte, machen der für eine Schlußkadenz überraschende Wechsel in T. 104a zum pp und das gehaltene Tremolo deutlich, quasi ein musikalischer Doppelpunkt, der Erwartungen auf das Folgende evoziert. Die damit verbundene ebenfalls überraschende Akkordfolge (As-Dur–E-Dur) verstärkt diesen Effekt, war allerdings nicht von Anfang an in der Form wie in B p. c. vorgesehen. Während in den Stimmen der Streicher in B a. c. nach dem Dominant-Septakkord auf Es-Dur eindeutig ein As-Dur-Akkord folgt, ist in Ak – wo nur die Streicher notiert sind und vereinzelt nur schwer entschieden werden kann, ob es sich bei dem Akzidens um eine Korrektur handelt – a. c. ein alterierter As-Dur-Akkord notiert (mit Sexte f in der Br. und None B im Vcl.); durch die Korrekturen – 1.Gg.: es' zu e', 2.Gg.: c' zu ces', Br.: f zu fes, Vd.: B zu H und Es zu E – ergibt sich ein Fes-Dur-Akkord, der in B im Klav.I/II gleich ohne Korrektur enharmonisch verwechselt als E-Dur notiert ist. Die zeitliche Relation zwischen den Korrekturen in Ak und denen von B ist zwar nicht genau zu bestimmen, doch dürften sie in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit den Korrekturen in den Stimmen stehen. Den letzten Stand findet man aber sicher in B, z. B. auch im Hinblick auf die Tremoli in T. 105a, die eindeutig Ergebnis einer Überarbeitung sind und in Ak fehlen.

Bei den notierten Tierlauten ist der Eintrag Sau Hund nicht eindeutig; während zuvor die aufeinander folgenden imitierenden Tierstimmen immer etwas tiefer, voneinander abgesetzt notiert sind, stehen Sau und Hund auf einer Höhe. Trotzdem legt die Schreibweise nahe, daß an zwei Tiergeräusche (eben Sau und Hund) gedacht ist und nicht an einen Zwischenruf (Sauhund).

Schönberg dürfte in seinem Text Heart and Brain in Music die Eiserne Brigade gemeint haben, wenn er schreibt: Simple and beautiful melodies, salty rhythms, interesting harmony, sophisticated form, complicated counterpoint the real composer writes them with the ease with which one writes a letter. ‚As if he were writing a letter'this is what my comrades in the Austrian army said admiringly when, in the barracks, I wrote some music for a party given by the company. That this was not a remarkably beautiful piece but only one of average craftsmanship does not make any difference, because it often takes as much time to compose a letter as to write music. (Albrecht-Hohmaier, Martin; Scheideler, Ullrich: GA, Reihe B, Bd. 28, S. 168f.)
Besetzung: 4 und mehr Stimmen
Klavier, Viola, Violine I, Violine II, Violoncello
Gattung: Kammermusik --> Klavierquintett
beteiligte Personen: Dr. Kusmitsch, von - Schenkungsnehmer(in)

Gesamtausgabe: Reihe A, Bd. 28, S. 209–219; Reihe B, Bd. 28, S. 155–169

zurück