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Suite im alten Stile für Streichorchester

Entstehungszeitraum: 1934
Uraufführung: 18. Mai 1935, Los Angeles, Philharmonic Auditorium (Philharmonic Orchestra; Otto Klemperer, Dirigent)
Quellen:

Photomechanische Reproduktion der Skizzen
Weitere Quellen:

Skizzen

Partitur

Erstdruck der Partitur

Schönbergs 1. Handexemplar des Erstdrucks

Schönbergs 2. Handexemplar des Erstdrucks

Beschreibung:

Die Anregung zur Komposition von Schönbergs Suite im alten Stile für Streichorchester, dem Opus 1 auf amerikanischem Boden, kam von Professor Martin Bernstein von der New York University. Beide verbrachten den Sommer 1934 mit ihren Frauen in Chatauqua und spielten u.a. gemeinsam Tennis. Nach Bernsteins eigenem Bericht läßt sich die Begebenheit auf den 31. August 1934 datieren, auf die Rückfahrt von einem gemeinsamen Abendessen; die Damen saßen auf den vorderen Sitzen, Schönberg und Bernstein auf der Rückbank, dem rumble seat eines Ford Model A Coupé (JAS1 X I/2 Nov. 1988, S. 158-162). Schönberg habe daraufhin angeblich gleich das Tennis-Match am nächsten Morgen abgesagt und mit ersten Skizzen zu der Suite begonnen, allerdings ist die Postkarte mit der Absage Schönbergs, die Bernstein vermutlich zitiert, erst am 7. September abgestempelt. Nach dem Sommeraufenthalt und dem Umzug nach Kalifornien kam eine Uraufführung an der NYU unter Bernstein nicht zustande – dieser erwähnt in seiner Schilderung Schönbergs reputation for acrimonious dealing –, und auch der vorgeschlagene Verleger Wittmarck wurde von Schönberg später abgelehnt.
Am 18. Oktober 1934 erwähnte Schönberg gegenüber dem Musikverlag Schirmer das Stück erstmals brieflich, sandte Carl Engel dabei auch den Entwurf eines Vorworts und bot das Werk dem Verlag zu den gleichen Konditionen an wie kurz zuvor das Konzert für Violoncello und Orchester (nach Matthias Georg Monn) und das Konzert für Streichquartett und Orchester (nach Georg Friedrich Händel). In dem Entwurf eines Vorworts nannte er als sein Ziel:
„Ohne die Schüler vorläufig einer Schädigung durch das 'Gift der Atonalität' auszusetzen, sollte hier in einer Harmonik, die zu modernen Empfindungen leitet, auf moderne Spieltechnik vorbereitet werden: Fingersätze, Stricharten, Phrasierung, Intonation, Dynamik, Rhythmik, all das sollte gefordert werden, ohne unüberwindbare Schwierigkeiten zu bieten. Aber auch auf moderne Intonation, Satztechnik, Kontrapunkt und Phrasenbildung war hinzuweisen; er betonte aber auch, daß dieses Stück keine Absage an mein bisheriges Schaffen bedeutet.“
Mitte Januar 1935 nahm Schirmer das Werk an und Schönberg sandte das Negativ einer photographischen Reproduktion der Partitur (B2*) nach Wien, wo sein Sohn Georg die Stimmen auf Lichtpauspapier schreiben und die Universal-Edition eine günstige Produktion des Materials organisieren sollte. Albert Stoessel, der musikalische Leiter der Veranstaltungen in Chatauqua und Ansprechpartner für eine Aufführung an der Juilliard School, bekam mit gleichem Datum das Positiv (B1*), verbunden mit der geäußerten Hoffnung, Stoessel könne das Werk im Programm der Universitätskonzerte unterbringen (das mit December 31 im Brief angegebene Abschlußdatum der Komposition widerspricht der letzten Datierung im Autograph: 26. XII.). Am 20. Januar begrüßte Schönberg Schirmer als seinen Verleger des Werks und teilte seine bis dahin getätigten organisatorischen Schritte mit, u.a. auch die Entscheidung bezüglich des Auführungsortes für die Juilliard School und gegen die New York University. Auch der Name Otto Klemperers fiel bereits für eine mögliche Aufführung des Werks am 22. März 1935. Die Absage und die strategischen Beweggründe für die Vergabe der Uraufführung – nämlich die geplante berufliche Tätigkeit Schönbergs an der Juilliard School – wurden Bernstein am nächsten Tag von Gertrude Schönberg mitgeteilt. Doch von Stoessel kam anscheinend nicht die gewünschte Antwort, weshalb Schönberg eine Aufführung unter eigener Leitung für den 21. März vorschlug und mit dein Philharmonischen Orchester (vermutlich in Los Angeles) Absprachen traf. Doch Georg wurde nicht rechtzeitig mit dem Schreiben der Stimmen fertig und die Herstellung daraufhin von Schirmer übernommen. Schönberg nahm dem Verlag gegenüber die Schuld für die notwendig gewordene Planänderung auf sich, rügte aber Georg dafür, daß er kapituliert habe, anstatt jemanden um Hilfe zu bitten. Engel bat am 8. Februar darum, von dem Vorwort und dem Hinweis auf Schulorchester zwecks besserer Vermarktung zunächst abzusehen, möglicherweise geht auch der verkürzte Titel des Erstdrucks, der den Zusatz im alten Stile wegläßt, auf einen Wunsch des Verlages zurück. Doch auch die für den 21. März vorgesehene Uraufführung mußte verschoben werden, da der Verlag das Notenmaterial nicht rechtzeitig liefern konnte. Erst am 18. Mai 1935 wurde die Suite zusammen mit Tschaikowskys 5. Symphonie, der Ouvertüre zu Mozarts Figaro und der Moldau von Smetana unter O tto Klemperer mit dem Los Angeles Philharmonic Orchestra uraufgeführt. Von dem in der Los Angeles Times angekündigten Konzert waren keine Rezensionen zu finden. Schönberg berichtet selbst am 24. Mai an Engel: "[...] es war ein grosser, sehr grosser Publikumserfolg, so gross, dass ich zu Klemperer sagte, 'ich bin verstimmt über ihn (den Erfolg), denn so schlecht ist das Stück denn doch nicht.'"
Noch bis zur zweiten Aufführung des Werkes im Oktober 1935 in New York (wieder unter Klemperer) blieb die miserable Qualität der Orchesterstimmen bei der Uraufführung vorherrschendes Thema. Trotzdem schaffte es der Verlag zunächst nicht, besseres Material bereitzustellen, und nur der Druck der Organisatoren konnte Klemperer, der sich zunächst weigerte, aus diesem Stimmenmaterial nochmals zu spielen, dazu bewegen, die Aufführung des Werks in New York stattfinden zu lassen. Doch damit nicht genug; im August 1936 beschwerte sich Schönberg bei Schirmer, von Klemperer habe er erfahren, daß dieser bereits ein Exemplar der gedruckten Partitur besitze, er habe hingegen als Autor weder ein Exemplar, noch zuvor die Druckfahnen zwecks Korrektur bekommen. Daraufhin sandte ihm der Verlag zwei Partituren der Suite (vermutlich die Handexemplare C1 und C2) zu.
Im Gegensatz zur Uraufführung hat die zweite Aufführung in den New Yorker Zeitungen journalistische Spuren hinterlassen. Am 13. Oktober erschien eine ausführliche Ankündigung von Olin Downes, der am Beispiel der Variationen für Orchester op. 31 fundiert versuchte, Schönbergs Musik und seine musikgeschichtliche Bedeutung dem Publikum näherzubringen. Trotz der gelegentlich kritischen Worte war Schönberg von dem sehr ausführlichen Artikel angetan und entwarf einen Brief, in dem er Downes dankte und sich glücklich über dessen umfangreiches Fachwissen zeigte. Er erläuterte neben Fragen zu den Orchestervariationen u.a. die Entstehung des Werkes und die erweiterte Tonalität der Suite. Es ist nicht sicher, ob tatsächlich ein Brief dieses Inhalts abgeschickt wurde, die Rezension des Konzerts am 17. Oktober durch Downes am darauf folgenden Tag erschien sicher vorher, möglicherweise war Schönberg durch die darin geäußerte deutliche, z. T. harsche Kritik an der Suite verärgert.
Während Downes vom Standpunkt des Schönberg eigentlich positiv gegenüber stehenden und daher enttäuschten Anhängers detaillierte Kritik übte, schilderten andere Autoren schadenfroh die höfliche Zurückhaltung des Publikums und die als Mißerfolg beschriebene Aufführung; Schönbergs eben nicht als Rückgriff gedachte Wendung zur Tonalität wurde als genau das verstanden und mit Häme kommentiert: "Some Hollywood Delilah must have shorn his locks; for this Samson of the twelve-tone scale, this once horrific atonalist who had made even the mighty Richard Strauss sound like Ethelbert Nevin – this insuperable champion o f the New Era has become a harmless composer of salon music."
Schirmer äußerte sich von dem Konzert positiv beeindruckt und berichtete ein Jahr später am 9. November 1936 vom großartigen Erfolg der Aufführung in Wien (wieder unter Klemperer). In den nächsten Jahren gehörte die Suite, die dem Publikum laut Schönberg doch gefalle, immer wieder zu den Werken, die er als bestens für Aufführungen und damit wirtschaftlichen Erfolg geeignet bei Schirmer hervorhob: "Wie steht es denn mit der Suite für Streichorchester? Die müsste doch leicht abgehen, wie warme Semmeln beim Bäcker." (Albrecht-Hohmeier, Martin; Scheideler, Ullrich: GA, Reihe B, Bd. 9, S. 371-372)

Die Quellenlage zur Suite für Streichorchester ist übersichtlich, da sich die zahlreichen Skizzen (A) zusammen mit der autographen Partitur (B) in schweizer Privatbesitz befinden. Ein verschollener Photoabzug von B diente als Herstellungsvorlage (B1*), das ebenfalls verschollene Negativ (B2*) sollte Georg Schönberg als Vorlage für die Herstellang der Stimmen dienen. An den Korrekturen für den Erstdruck (C) wurde Schönberg nicht beteiligt, der Verlag G. Schirmer sandte Schönberg erst am 17. August 1936 zwei Exemplare zu, vermutlich die beiden Handexemplare C1 und C2. In diesen finden sich nur vereinzelte Eintragungen, in C2 ist zudem ein mit "August 1944" datierter Errata-Zettel eingelegt. (Albrecht-Hohmeier, Martin; Scheideler Ullrich: GA, Reihe B, Bd. 9, S. 215)

Besetzung: Streichorchester
Gattung: Orchesterwerke --> Werke für Streichorchester

Erstdruck: G. Schirmer 36838 (1935)
Gesamtausgabe: Reihe A, Bd. 9, Teil 2, S. 1-51; Reihe B, Bd. 9, S. 215-386; Skizzen: Reihe B, Bd. 9, S. 264-370

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