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Präludium und Fuge in Es-Dur für Orgel BWV 552 von Johann Sebastian Bach

Entstehungszeitraum: 01.05.1928
Uraufführung: 10. / 11. November 1929, Berlin / Wien (Dir. Wilhelm Furtwängler, Berliner Philharmoniker / Dir. Anton von Webern, Arbeiter-Symphoniekonzert)
Quellen:

Partitur-Autograph

Schönbergs Handexemplar des Originaldrucks
Weitere Quellen:

Vorlage: J.s. Bach, Orgelwerke, hrsg. von F.C. Griepenkerl und F. Roitzsch, C.F. Peters, Leipzig o. J., Band III, Nr. 1, S. 2-15

Partiturabschrift von Felix Greissle

Originaldruck. Universal-Edition A.G. Wien Leipzig 1929

Gedruckte Stimmen. Universal-Edition A.G. Wien Leipzig 1929-1930

Beschreibung:

Schönberg hat sich, auch nach der Vollendung der Instrumentation von zwei Orgelchorälen Johann Sebastian Bachs, weiterhin mit dessen Werken, speziell mit den Orgelwerken befaßt. Wann er den Plan gefaßt hat, auch ein großes, monumentales Orgelwerk für Orchester zu setzen, ist unbekannt. Auch stand es nicht gleich fest, daß es das große Es-Dur-Präludium mit der monumentalen Fuge aus dem dritten Teil der Klavierübung sein sollte. Auch stand nicht fest, daß er nur ein einziges Werk dieser Art orchestrieren wollte.

Beim Studium der freien Orgelwerke Bachs hat Schönberg gelegentlich in einzelne Werke, die er besonders aufmerksam studiert hat oder studieren wollte, Taktzahlen eingetragen. Ob dies bereits als Hinweis auf eine beabsichtigte Bearbeitung geschehen ist oder ob es sich lediglich um Hilfsmittel für eine Analyse handelte, mag unentschieden bleiben. Immerhin ist auffällig, daß er selbst bei mehrteiligen Werken beinahe ausschließlich die Fugen berücksichtigte. Handschriftlich notierte er folgende Taktzahlen in seinem Handexemplar: Fuge c-Moll, BWV 546 (Pet. 2, S. 42f.) 41. 42. 45. 46. 50. 53. 54; Fuge C-Dur BWV 547 (Pet. 2, S. 50f.) 5. 6. 10. 14. 18. 19. 23. 27. 31; Fuge a-Moll BWV 555 (Pet. 8, S. 55) [Die acht kleinen Präludien und Fugen BWV 553-560 werden von Hermann Keller (s. Anmerkung 33, S. 66-68) als Jugendwerke des Bachschülers Johann Ludwig Krebs betrachtet. Hans Klotz (in: Die Musikforschung 3, 1950, S. 200) bestätigt dies indirekt. Karl Tittel (in: Bach Jahrbuch 1966, S. 114-117) plädiert wieder für Bach als Autor, konzediert aber satztechnische Mängel, die ihn veranlassen, die Werke in die frühe Weimarer Zeit (vor 1710) zu verlegen. Diese Mängel veranlaßten übrigens manche Herausgeber (so Karl Straube 1934, Peters; und Werner Teil 1949, Merseburger), den Notentext zu verbessern.] 13; Fuge g-Moll BWV 558 (Pet. 8, S. 64f.) 5. 9. 12. 15. 16. 20. 23. 25. 30. 35. 38. 40. 45; Fuge a-Moll BWV 559 (Pet. 8, S. 68) 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21; daneben versah er auch einzelne Fugen mit Taktzahlen: Fuge g-Moll BWV 578 (Pet. 4, S. 46-49) meist vor den Akkoladen 5. 6. 10. 14. 18. 22. 25. 26. 30. 34. 39. 43. 48. 52. 56. 60. 64. 68; Fuge h-Moll über ein Thema von Legrenzi BWV 579 (Pet. 4, S. 50-52) 1. 2. 3. 4. 45. 50. 51. 55. 60. Selbst in der berühmten d-Moll-Toccata BWV 565 (Pet. 4, S. 29-31) hat Schönberg lediglich einzelne Takte des fugierten Abschnitts bezeichnet: Takte 32. 33. 34. 35. 40. 43. 45. 50. 51. 54. 55. 59. 60. Vollständig ist die Taktzählung - außer bei Präludium und Fuge in Es-Dur BWV 552 (Pet. 3, Nr. 1, S. 2 -15), wo sich allerdings noch andere Eintragungen finden [vgl. die Beschreibung in diesem Band S. 29ff] - lediglich bei der großen dreiteiligen Toccata C-Dur (gelegentlich auch „Toccata, Adagio und Fuge" genannt) BWV 464 (Pet. 3, S. 72-83), wobei zur vollständigen gestempelten Zählung noch eine bis zum ersten Takt der Fuge (Takt 116) reichende handschriftliche kommt.

An zwei Stellen hat Schönberg auch satztechnische Einzelheiten notiert, so in der Toccata F-Dur BWV 540 (Pet. 3, S. 25) die Sekund a-h in Takt 7 der Fuge, und vier Takte vor Schluß der ersten der „Acht kleinen Präludien und Fugen“ BWV 553 (Pet. 8, S. 50) die Oktavparallele zwischen Sopran und Tenor (c"/d" - c'/d') [„Das kleine harmonische Labyrinth" BWV 591 (Pet. 9, S.16f.) wurde in seiner Authentizität vielfach angefochten, bisweilen Johann David Heinichen zugeschrieben. Hermann Keller (s. Anmerkung 33, S. 69) hält die Autorschaft Bachs für möglich. Da Schönberg nur den Querstand a-ais' in Takt 14 (von hinten) durch Rufzeichen markiert, erscheint es nicht notwendig, diese Frage zu diskutieren]. Schönberg hat demnach nur zwei große Werke durch vollständige Zählung der Takte zur Bearbeitung präpariert, Präludium und Fuge Es-Dur (BWV 552) und die große dreiteilige Toccata C-Dur BWV 564. Ausgeführt hat er nur die Orchestration des monumentalen Werkes aus dem dritten Teil der Klavierübung, Präludium und Fuge Es-Dur.

Die Niederschrift der Partitur begann am 1. Mai 1928, aber er hat sie nicht sogleich vollständig niedergeschrieben, sondern anderer Arbeiten wegen unterbrochen. Vor Beendigung der Partitur, aber wenige Tage nach dem Abschluß der Arbeit an den Orchestervariationen op. 31, schrieb er am 28. September 1928 an die Universal-Edition:
[...] Ich bin also bereit, in wenigen Wochen eine bereits vor einigen Monaten zu bedeutendem Teil fertiggestellte Orchesterbearbeitung eines Bachschen Orgelwerkes (Präludium und Fuge in Es, Dauer ungefähr 15 Minuten, Partitur etwa 50 Seiten, 32-zeilig) so zu liefern, daß es noch in dieser Saison aufgeführt werden kann. [...] Die Uraufführung bitte ich einstweilen nicht zu vergeben, da ich sie ganz gerne selbst machen möchte. [...] Ich bitte, mir gleich zu antworten, da ich in diesem Falle gleich wieder die Arbeit an dem Stücke beginnen würde. [...]
Der Verleger antwortete am 3. Oktober: [...] Ich habe mit großer Befriedigung zur Kenntnis genommen, daß Sie in wenigen Wochen eine Bach-Orchesterbearbeitung liefern werden, die noch in dieser Saison aufgeführt werden kann. Da Sie die Uraufführung gerne selbst machen möchten, werden wir dieselbe einstweilen noch nicht vergeben. Die Herstellung der Partitur und Stimmen wird selbstverständlich mit möglichster Beschleunigung erfolgen. [...]
Schönberg hat sich sogleich, wie angekündigt, wieder mit der Orchestration befaßt und seine Partitur am 11. Oktober abgeschlossen. Am folgenden Tag, also am 12. Oktober schreibt er an Emil Hertzka, den Direktor der Universal Edition:
Lieber Herr Direktor,
ich bin sehr fleißig gewesen: die Bach-Partitur geht heute an Sie ab! Es ist ein ziemlich großes Stück. Ich möchte allerdings gerne selbst einige Engagements dafür bekommen; aber ich will nicht im Weg stehen: wenn einer meiner wirklichen Freunde (die es aber nicht giebt) die Uraufführung haben will, so kann man darüber reden: aber z.B. Kleiber, Klemperer und Walter und alle die anderen Affen der Sachlichkeit, die nur ihnen, aber nicht mir eine ist, zähle ich nicht zu meinen Freunden. Bitte vielmals also: vergeben Sie es nicht dem ersten Überläufer: wenn Sie allerdings andere finden können!
Ich möchte nun gerne auch gleich über den Vorschuß von tausend Mark verfügen
[...]. Bitte freundlichst, mir den Empfang der Partitur, von welcher es keine Copie giebt, telegraphisch anzuzeigen! [...]
Am 22. Oktober ist die Partitur beim Verlag in Wien eingetroffen. Bereits am 26. Oktober geht von der Direktion des Verlages ein Brief an den noch immer in Roquebrune, Cap Martin weilenden Komponisten, in welchem es heißt:
Lieber Herr Schönberg!
Ich habe mir Ihre Bach-Partitur angeschaut und bin begeistert. Hoffentlich kann ich das Werk schon sehr bald hören. Die Gründe, die Sie zu dergroßen Orchesterbesetzung veranlassen, sehe ich sehr gut ein; sie beruhen auf der Vorstellung der Orgel und zwar nicht nur ihres Klanges.
Erlauben Sie mir aber, daß ich jetzt für einen Augenblick den Standpunkt des Leiters der Orchesterabteilung der Universal-Edition vertrete. Da finde ich, daß es sehr praktisch wäre, wenn auch eine Fassung für kleines, oder wenigstens kleineres Orchester vorläge. Von den Choralvorspielen zähle ich bis jetzt ca. 40 Abschlüsse. Orchesterbearbeitungen Bach'scher Werke durch Schönberg würden aber einen noch ganz anderen Absatz haben und wahrscheinlich von allen Orchestern gespielt werden, wenn die Besetzung entsprechend kleiner wäre. Dazu kommt, daß unter den Städten, welche Choralvorspiele aufgeführt haben, einzelne sind, von denen ich nicht glaube, daß sie wirklich 2 Engl. Hörner, 6 Klarinetten und 2 Kontrafagotte aufbringen konnten. Es ist wahrscheinlich, daß sich der betreffende Kapellmeister die Besetzung selbst vereinfacht hat. Das läßt sich nicht kontrollieren, da Einzüge ja wieder ausradiert werden können. Die kleinere Besetzung würde solche Unzukömmlichkeiten verhindern. Selbstverständlich dürfte sie nur für solche Orchester in Betracht kommen, welche die Originalfassung unmöglich aufführen können.
Ich würde Ihnen den Vorschlag einer 2. Fassung – die Anregung stammt von Direktor Hertzka – nicht machen, wenn ich mich nicht an Ihren Ausspruch erinnerte, daß man heute Alles für jede Kombination von Instrumenten, sogar für Mundharmonika, so setzen kann, daß es klingt. Bitte lassen Sie mich, resp. die Universal-Edition wissen, wie Sie über die Sache denken.
[...]

Nach Beendigung der Bachbearbeitung hat Schönberg sogleich mit der Komposition der einaktigen Oper Von heute auf morgen begonnen. Er hat seine Bearbeitung zwar nicht vergessen, aber die Vorgänge, die zur Fertigstellung und Überlassung an den Verlag geführt haben, waren ihm nicht mehr ganz gegenwärtig. So hat er am 8. Februar 1929, schon etwas gereizt, an die Universal Edition geschrieben:
[...] es sind mehrere Monate her, daß ich Ihnen die Druckvorlage zur Instrumentation des Bach-Präludiums und Fuge geschickt habe. Aber bis heute höre ich nichts von Aufführungen, Materialanfertigung, Partiturstich etc. Nirgends ist das Werk angekündigt: was ist da los. Ich nehme an, daß die Überlassung zur Publikation Ihnen nicht ganz unangenehm war: aber ich weiß nicht, aus welchem Grunde Sie den Beginn der Erträgnisse dieses Werkes so lange hinausschieben. [...]
In einem Brief vom 5. Februar 1929 des Verlegers an Schönberg, der gerade in Monte Carlo (Hotel Bristol) wohnt – er gilt dem Versuch, die Beziehungen zwischen dem Komponisten und seinem Verlag zu entkrampfen – findet sich folgendes Postscriptum:
PS. Was „Präludium und Fuge“ betrifft, so befindet sich das Material seit langem in den Händen von Herrn Greißle, der zuerst die Transponierung der betreffenden Instrumente vorgenommen hat und jetzt die Kopiatur und Kollationierung der Stimmen besorgt.
Am 17. Mai fragt Schönberg, ziemlich verstimmt, neuerlich, warum die Bach-Instrumentation noch immer nicht angekündigt wird und warum keine Aufführungen dafür aquiriert werden. Auch ist er erstaunt, daß die Partitur noch nicht erschienen ist. Die Universal Edition antwortet am 24. Mai aufs Verbindlichste dem mittlerweile nach Berlin zurückgekehrten Meister:
Sehr verehrter Meister Schönberg!
Auf Ihr Schreiben vom 17. ds. erlauben wir uns zu erwidern: Wir waren der Meinung, daß Sie die Uraufführung Ihrer neuen Bach-Bearbeitung am liebsten selbst bringen möchten und haben nur aus diesem Grunde bis jetzt noch keine Aufführung angestrebt. In Ihrem Schreiben vom 12. Oktober v.J. hatten Sie sich in diesem Sinne geäußert und nur hinzugefügt, daß Sie nicht im Weg stehen wollen, wenn einer Ihrer wirklichen Freunde sich um das Werk bewirbt. Daß es existiert und in Vorbereitung ist, wurde den Dirigenten durch ein Zirkular mitgeteilt. Im übrigen glaubten wir Ihrem Wunsche zu entsprechen, wenn wir eine Aufführung nicht forcierten. Nur Herrn Furtwängler haben wir auch mündlich auf das Werk aufmerksam gemacht und ihm nahegelegt, mit Ihnen wegen der Uraufführung, die Sie sich eigentlich selbst vorbehalten wollten, zu sprechen. Da Ihre seinerzeitigen Vorbehalte nunmehr wegfallen, werden wir jetzt selbstverständlich trachten, bald eine Aufführung zu erzielen.
[...]
Die Bemühungen des Verlages haben offensichtlich rasch zu einem Erfolg geführt, denn kein Geringerer als Wilhelm Furtwängler konnte für die Uraufführung gewonnen werden. An ihn schreibt Schönberg bereits am 4. Juni:
Sehr geehrter Herr Doktor,
lassen Sie mich vor Allem sagen, daß, wenn ein Künstler wie Sie einen Wunsch an mich richtet, es für mich eine Selbstverständlichkeit ist, mit Vergnügen: „Ja!“ und also zu sagen, daß es mir eine Freude ist, Ihnen die Uraufführung meiner Bach-Bearbeitung (Präludium und Fuge für Orgel in Es-Dur für großes Orchester) zu überlassen.
[...] [Briefe, S. 143]
Die Uraufführung fand, nachdem die Partitur am 31. Oktober erschienen war, gleichzeitig in Berlin im Rahmen der Philharmonischen Konzerte unter Wilhelm Furtwängler und in Wien unter Anton Webern im Rahmen der Arbeiter-Sinfonie-Konzerte am 10. und 11. November 1929 statt. Alban Berg, der die Wiener Aufführung gehört hat, telegraphierte sogleich am 11. November an Schönberg: unbeschreiblich schoene aufführung [,] kolossaler eindruck bei publikum und freunden [,] innigst berg.
Anton Webern, der im selben Konzert noch zwei Volksliedbearbeitungen Schönbergs zur Uraufführung gebracht hatte, schrieb am 13. November an seinen ehemaligen Lehrer, sein vergöttertes Vorbild:
Mein liebster Freund, leider in großer Eile, [...] ich hätte Dir ja sonst gleich gestern geschrieben: daß ich also Sonntag und Montag Deine Bach-Bearbeitung Präludium und Fuge u. zwei Volkslieder („Schein uns“ u. „Herzlieblich Lieb“) aufgeführt habe u. daß in unsäglich beglückt war dabei. Ich glaube, daß die Aufführungen gut gewesen sind. „Präl. u. Fuge“: ist das ein unbeschreiblicher Klang! Oh, wie gerne möchte ich mit Dir darüber reden. [...] Das Orchester war von Deiner Bearbeitung begeistert u. hat sich alle Mühe gegeben. Wirklich tadellos. Ich bin schnell weitergekommen. Famos ist gearbeitet worden. Ich konnte ja nur zwei halbe Proben darauf verwenden. Ich habe alles gehört. Ja wie ist das aber auch gesetzt. Herrgott, wie der Schluß der Fuge klingt! [...] Der Erfolg Deiner Bearbeitungen war ganz groß! Nach Präl. und Fuge ließ ich das Orchester zwei Mal aufstehn. [...

Auch in Berlin war die Bearbeitung sehr erfolgreich, wenn es auch in der Kritik, da das Werk den Tendenzen der Zeit nicht entsprach, zu Einwänden aller Art kam. Sie betreffen vor allem die grundsätzliche Frage nach der Berechtigung einer solchen Bearbeitung. Alfred Einstein, der bedeutende Musikhistoriker und führende Musikkritiker, der sich von den Parteikämpfen der Zeit fernhielt und es folglich keiner Seite recht machte, schrieb, übereinstimmend mit seiner Kritik im Berliner Tagblatt vom 12. November 1929, in der besten Musikzeitschrift jener Jahre, der „Musik“:
[...] der neue Schönberg, der das zweite der Philharmonischen Konzerte eröffnete, war gefahrenlos, und kein empörter Abonnent wird seinetwegen, wie im vorigen Winter bei Schönbergs Orchester-Variationen, mit der Kündigung seines Stammsitzes drohen. Schönberg hat dem Präludium und der fünfstimmigen Fuge in Es von J.S. Bach (von 1739) eine Orchesterfassung gegeben wie früher schon zwei Choralvorspielen Bachs: damals eine feste Registrierung durchs Orchester. Diesmal aber, zum mindesten im Präludium, hat Schönberg den Orgelcharakter verändert, hat symphonisch dynamisiert, gebraucht architektonische und Gefühls-Crescendi; in der dreigeteilten Fuge geht es registermäßiger zu, und in beiden Stücken auf eine geistreiche Art sehr barock und originell. Aber man zerbricht sich einigermaßen den Kopf, warum Schönberg, der bessere oder doch andere Dinge zu tun hat, à la Liszt seine Mühe an Dinge und Bereiche wendet, die wir heute mehr als je in ihren Grenzen lassen wollen: wir bemühen uns heute um die richtige Orgelfassung Bachscher Orgelwerke, aber ihre orchestrale Ausdeutung ist uns so ziemlich Hekuba. Bach selber hat keins seiner Orgelwerke der Orgel entfremdet, aber er hat ihr sehr viele Orchesterwerke, eigene und fremde, gewonnen. [...] [Alfred Einstein, in: Die Musik XXII/1 (1929/30), S. 200ff.]

Ganz im Sinne der Intentionen Schönbergs sah Erwin Stein die neue Bach-Bearbeitung. Seine der Partitur selbst geltende Besprechung ist ein wertvolles Dokument, ganz wie Felix Greissles kleiner Aufsatz, der die kommenden Aufführungen vorbereiten wollte. Fünf Jahre später, als Anton Webern selbst eine Bach-Bearbeitung unternahm – die mittlerweile berühmte Instrumentation des sechsstimmigen Ricercars aus dem „Musikalischen Opfer“ –, kam Schönberg noch einmal auf seine Orchestration zu sprechen. Er schrieb am 13. November 1934 an Webern:
[...] ich habe sozusagen die Orgel modernisiert, ihren langsamen, seltenen Farbenwechsel durch reicheren ersetzt, der den Vortrag und den Charakter der einzelnen Stellen fixiert und habe auf Klarheit des Stimmengewebes geachtet. Um zu erfahren, wie man die für ein großes Orchester doch unerlässliche größere Anzahl von Stimmen erhalten kann, habe ich mir die Technik der 8-stimmigen Sätze bei Bach angeschaut und konnte dann ganz leicht 6-10-stimmig schreiben und auch genügend Füllstimmen erzielen. Denn nur durch Verdoppelung lässt sich das schwerlich erreichen. Ich habe mich dabei allerdings auf den Standpunkt gestellt, dass ich eine Transkription anfertige und mir wenigstens solche Freiheit gestatten sollte dürfen, die Bach sich in Choralbearbeitungen gestattet, wo er sogar Figuratives und insbesondere Harmonisches vollkommen neu schafft – soweit bin ich aber nicht gegangen. [Katalog 1974, S. 60]
(GA, Reihe B, Bd. 25/26, S. XXIX-XXXI)

Besetzung: Orchester
Gattung: Bearbeitungen --> Bearbeitungen für Orchester
beteiligte Personen: Johann Sebastian Bach (1685-1750) - Komponist(in)

Erstdruck: Universal-Edition A.G. Wien Leipzig 1929
Gesamtausgabe: Reihe A, Band 25/26; Reihe B, Band 25/26

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