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Verklärte Nacht
A. Originalfassung für Streichsextett

Opus: op. 4
Entstehungszeitraum: 09.1899-01.12.1899
Uraufführung: 18. März 1902, Wien, Kleiner Musikvereins-Saal (Rosé-Quartett, Franz Jelinek, Franz Schmidt). Quelle: Programm (Arnold Schönberg Center Image Archive, ID 4892)
Quellen:

Textquelle

Skizzen

Autographe Reinschrift

1. Handexemplar Schönbergs [E1]

2. Handexemplar Schönbergs [E2]

Originaldruck der Stimmen. Verlag Dreililien Berlin [1905], Plattennummer 345
Weitere Quellen:

Handschriftliche Stimmen

Partitur

Originaldruck der Partitur. Verlag Dreililien Berlin [1905], Plattennummer 345

Beschreibung:

Über die Entstehungszeit von Arnold Schönbergs Streichsextett gibt es unterschiedliche, sich aber nicht grundsätzlich widersprechende Angaben. Egon Wellesz schreibt in seiner Schönberg-Biographie aus dem Jahr 1921:
Im Som­mer 1899 war Schönberg wieder mit Zemlinsky in Payerbach; dort komponierte er im September, in einem Zeitraume von drei Wochen, das Streichsextett opus 4 „Verklärte Nacht“, nach denn Vorwurf eines Gedichtes von Richard Dehmel.
Schönberg, der den Zeitraum von drei Wochen im Vortrag „Heart and Brain in Music“ von 1946 bestätigte, hatte allerdings 1934 im „Vortrag Princeton“ noch mitgeteilt, daß er an der Verklärten Nacht [...] nur 6-7 Wochen gearbeitet habe. Läßt sich also der genaue Zeitraum der Arbeit nicht mehr rekonstruieren, so steht doch das Abschlußdatum fest. Es ist am Ende der autographen Partiturreinschrift (Quelle B) vermerkt und lautet 1./XII [18] 99. Das Werk dürfte also im Spätsommer 1899 komponiert und die Reinschrift dann im November angefertigt worden sein. Die Quelle B enthält eine Reihe von Änderungen, die auf – vermutlich meh­rere – spätere Korrekturgänge zurückzuführen sind und die hauptsächlich die Form betreffen. Auch hier läßt sich ein Zeit­punkt, zu dem diese Korrekturen erfolgten, nicht ermitteln. Ob sie noch vor der Uraufführung durchgeführt wurden, ist ungewiß, da die hierfür verwendeten Stimmen, welche Auskunft über den Zustand des Werkes im März 1902 geben könn­ten, verschollen sind. Denkbar ist, daß die Änderung der Form auf eine Anregung Alexander Zemlinskys zurückging – und zwar aufgrund des Eindrucks, den dieser bei der Uraufführung gewonnen hatte. Zemlinsky erwähnte in einem Brief das Gefühl einiger grosser Längen u. Gespreiztheiten in der Mitte des Werkes, und legte Schönberg nahe, unbedingt die Sache noch einmal zu redigieren. Als spätestes Datum kommt schließlich die Zeit unmittelbar vor Beginn der Drucklegung (1904) in Be­tracht, da auch der Verleger Max Marschalk Korrekturen vorgeschlagen hatte (vgl. Brief vom 10. April 1904). (Schubel, Dorothee: GA, Reihe B, Bd. 22, S. 81)

Zur Fassung für Streichsextett liegen vor: die Skizzen (A) und die 1899 beendete autographe Reinschrift (B), die zahlreiche Korrekturen enthält. Als verschollen gelten müssen die zur Uraufführung (1902) und zu weiteren Aufführungen bis 1904 benutzten Stimmen (C*). Ebenfalls nicht enthalten ist D* (eine Partiturabschrift), die die Lücke zwischen der Reinschriftpartitur B und der 1905 gedruckten Partitur E schließt. Die 1905 gedruckten Stimmen (F) basieren auf C*. Vom Druck E gibt es außerdem zwei Handexemplare Schönbergs, die mit Eintragungen versehen sind (E1, E2). (Schubel, Dorothee: GA, Reihe B, Bd. 22, S. 1)

Besetzung: Violine I, Violine II, Violoncello I, Violoncello II, Viola I, Viola II
Gattung: Kammermusik --> Streichsextette
Text:

Text nach GA:

Zwei Menschen gehn durch kahlen, kalten Hain;
der Mond läuft mit, sie schaun hinein.
Der Mond läuft über hohe Eichen;
kein Wölkchen trübt das Himmelslicht,
in das die schwarzen Zacken reichen.
Die Stimme eines Weibes spricht:

Ich trag ein Kind, und nit von Dir,
ich geh in Sünde neben Dir.
Ich hab mich schwer an mir vergangen.
Ich glaubte nicht mehr an ein Glück
und hatte doch ein schwer Verlangen
nach Lebensinhalt, nach Mutterglück
und Pflicht; da hab ich mich erfrecht,
da ließ ich schaudernd mein Geschlecht
von einem fremden Mann umfangen,
und hab mich noch dafür gesegnet.
Nun hat das Leben sich gerächt:
nun bin ich Dir, o Dir, begegnet.

Sie geht mit ungelenkem Schritt.
Sie schaut empor; der Mond läuft mit.
Ihr dunkler Blick ertrinkt in Licht.
Die Stimme eines Mannes spricht:

Das Kind, das Du empfangen hast,
sei Deiner Seele keine Last,
o sieh, wie klar das Weltall schimmert!
Es ist ein Glanz um alles her;
Du treibst mit mir auf kaltem Meer,
doch eine eigne Wärme flimmert
von Dir in mich, von mir in Dich.
Die wird das fremde Kind verklären,
Du wirst es mir, von mir gebären;
Du hast den Glanz in mich gebracht,
Du hast mich selbst zum Kind gemacht.

Er faßt sie um die starken Hüften.
Ihr Atem küßt sich in den Lüften.
Zwei Menschen gehn durch hohe, helle Nacht.

Text nach Vorlage:

Verklärte Nacht.
Zwei Menschen gehen durch kahlen, kalten Hain;
der Mond läuft mit, sie schaun hinein.
Der Mond läuft über hohe Eichen,
kein Wölkchen trübt das Himmelslicht,
in das die schwarzen Zacken reichen.
Die Stimme eines Weibes spricht:

Ich trag ein Kind, und nit von dir,
ich geh in Sünde neben dir.
Ich hab mich schwer an mir vergangen;
ich glaubte nicht mehr an ein Glück
und hatte doch ein schwer Verlagen
nach Lebensfrucht, nach Mutterglück
und Pflicht - da hab ich mich erfrecht,
da ließ ich schaudernd mein Geschlecht
von einem fremden Mann umfangen
und hab mich noch dafür gesegnet.
Nun hat das Leben sich gerächt
nun bin ich dir, o dir begegnet.

Sie geht mit ungelenkem Schritt,
sie schaut empor, der Mond läuft mit;
ihr dunkler Blick ertrinkt in Licht.
Die Stimme eines Mannes spricht:

Das Kind, das du empfangen hast,
sei deiner Seele keine Last,
o sieh, wie klar das Weltall schimmert!
Es ist ein Glanz um Alles her,
du treibst mit mir auf kaltem Meer,
doch eine eigne Wärme flimmert
von dir in mich, von mir in dich;
die wird das fremde Kind verklären,
du wirst es mir, von mir gebären,
du hast den Glanz in mich gebracht,
du hast mich selbst zum Kind gemacht.

Er fasst sie um die starken Hüften,
ihr Atem mischt sich in den Lüften,
zwei Menschen gehen durch hohe, helle Nacht.

(Weib und Welt. Gedichte von Richard Dehmel / mit einem Sinnbild. Berlin: Verlag von Schuster u. Loeffler 1896, S. 61-63)

beteiligte Personen: Richard Dehmel (1863-1920) - Textautor(in)

Erstdruck: Verlag Dreililien Berlin [1905], Plattennr. 345
Gesamtausgabe: Reihe A, Bd. 22, S. 1-37; Reihe B, Bd. 22, S. 1-96; Skizzen: Reihe B, Bd. 22, S. 52-81

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