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Streichquartett Nr. 2
A. Originalfassung

Opus: op. 10
Entstehungszeitraum: 03.1907-08.1908
Uraufführung: 21. Dezember 1908, Wien, Bösendorfersaal (Marie Gutheil-Schoder, Sopran; Rosé-Quartett).
Quellen:

Textquelle

Skizzen und Teile der Ersten Niederschrift im sogenannten III. Skizzenbuch

Ein loser Bogen vorgedruckten Notenpapiers

Skizze in einem kleinen Skizzenbuch

Autographe Partiturniederschrift

Autographe Partiturniederschrift (Reproduktion)

Erstdruck der Partitur, 1. Ausgabe. Photokopie des Partiturautographs E*. Selbstverlag, 1909

Schönbergs Handexemplar der 1. Ausgabe des Partiturerstdrucks

Schönbergs Handexemplar der 1. Ausgabe der Studienpartitur

Schönbergs Handexemplar der Auflage der Studienpartitur von 1921

Studienpartitur, 3. Ausgabe. Universal Edition Wien Leipzig / Wiener Philharmonischer Verlag 1937

Schönbergs Handexemplar der gestochenen Stimmen
Weitere Quellen:

Erste Niederschrift in einem kleinen Skizzenbuch

Autographe Partiturreinschrift

Autographe Streicherstimmen der III. und IV. Satzes

Partiturautograph

Erstdruck der Partitur, 2. Ausgabe. Photokopie des Partiturautographs E*. Universal Edition Wien Leipzig 1912

Schönbergs Handexemplar der 2. Ausgabe des Partiturerstdrucks

Erstdruck der Partitur, 3. Ausgabe. Photopie des Partiturautographs E*. Universal Edition Wien Leipzig 1915

Schönbergs Handexemplar der 3. Ausgabe des Partiturerstdrucks

Erstdruck der Stimmen. Photokopie einer Kopistenabschrift. Universal Edition Wien Leipzig 1911. U.E. 2994 (die einzelnen Stimmhefte mit dem Zusatz kleiner Buchstaben: von 1. Geige bis Violoncello 2994.[a] bis 2994.[d]

Studienpartitur, 1. Ausgabe. Universal Edition Wien Leipzig 1920. U.E. 2993.6064

Studienpartitur, 2. = revidierte Ausgabe. Universal Edition Wien Leipzig 1921 / Wiener Philharmonischer Verlag 1925. U.E. 2993.6064 / U.E. 2993.6064 W.Ph.V. 229

Schönbergs Handexemplar der Auflage der Studienpartitur von 1925

Schönbergs Handexemplar der 3. Ausgabe der Studienpartitur von 1937

Gestochene Stimmen. Universal Edition Wien Leipzig 1921. U.E.2994 (die einzelnen Stimmhefte mit dem Zustaz kleiner Buchstaben: von 1. Geige bis Violoncello 2994.[a] bis 2994.[d]).

Beschreibung:

Das II. Streichquartett stellt einen Markstein nicht nur in der Geschichte des Schönbergschen Komponierens, sondern in der Entwicklung der Neuen Musik insgesamt dar: Das Werk führt in sich den Übergang von der tonalen zur atonalen Komposition vor. Einen gravierenden Bruch mit der Tradition bedeutet überdies, daß Schönberg durch die Beteiligung der Sopranstimme gegen eine Besetzungsnorm verstieß, die in keiner anderen Gattung mit einem so emphatischen ästhetischen Anspruch verbunden wurde; zwar war die Einfügung von Stimmen in eine instrumentale Gattung durch Mahlers Symphonien vorbereitet, ihr Mitwirken in einem Streichquartett aber traf den Kern der traditionellen Ästhetik. Neuland betrat Schönberg schließlich auch in der Textwahl; zum ersten Mal legte er einer Komposition Gedichte von Stefan George zugrunde und vermochte so die kompositorische Wende in Verbindung mit einem Text höchsten ästhetischen und geschichtlichen Anspruchs zu vollziehen.

Bezeichnend für den Entstehungsprozeß des II. Streichquartetts ist die chronologische Verschränkung der Sätze. So ist schon an den autographen Datierungen, die nur aus dem Entwurfs- bzw. Erstniederschriftstadium überliefert sind, abzulesen, daß der II. Satz erst nach dem III. abgeschlossen wurde.

1. Satz
9. März 1907 für die Skizzierung ab T.1 (Aa S.57); 1. September 1907 für den Abschluß der Ersten Niederschrift (Aa S.92).
2. Satz 27. Juli 1908 für den Abschluß der Ersten Niederschrift (Aa S. 115).
3. Satz 11. Juli 1908 für den Abschluß der Ersten Niederschrift (Ab S. 3).
Der erste Entwurf zum 2. Satz aber findet sich schon auf S. 56 des Skizzenbuches Aa, wurde also vor jenem Anfangs­datum des 1. notiert. Alle Entwürfe zum 4. Satz wiederum stehen in dem Skizzenbuch vor den ersten zum III. Satz, wurden also niedergeschrieben, bevor dieser in Angriff genommen worden und bevor der II. fertiggestellt war. Allerdings kann die Beischrift III Satz Streichquartett bei der ersten den 4. Satz betreffenden Skizze als Beleg dafür gelten, daß der Satz ursprünglich den dritten Platz in der Satzfolge einnehmen sollte; sein Kompositionsbeginn spiegelt also die erste Konzeption der Satzfolge wider.

Da die Erste Niederschrift des 4. Satzes fehlt und die autographen Partituren B und C undatiert sind, ist kein Enddatum der Komposition überliefert. Die Intensität aber, mit der Schönberg im Juli 1908 an dem Quartett arbeitete, macht es wahrscheinlich, daß der Satz in unmittelbarem Anschluß an den 3. und 2., also Ende Juli oder im August, komponiert wurde. Damit stimmt Schönbergs Bericht, er habe drei Viertel des Satzes wie schon beim 2. Satz - in anderthalb Tagen geschrieben, gut zusammen. Und schließlich stützt auch der Termin der Uraufführung, die am 21. Dezember 1908 in Wien mit dem Rose-Quartett und Marie Gutheil-Schoder als Interpreten stattfand, die genannte chronologische Einordnung.

Schönberg war sich der zentralen Bedeutung des II. Streichquartetts voll bewußt. So ist er nicht nur häufig in theoretischen Äußerungen auf die Komposition eingegangen, sondern hat - und das ist nur mit der Kammersymphonie op. 9 vergleichbar - den Notentext immer wieder einer kritischen Überprüfung unterzogen. Hauptstationen dieses fortschreitenden Revisionsprozesses, der insgesamt 18 Jahre dauerte und dem erst durch das Entstehen des III. Streichquartettes op. 30 ein Ende gesetzt wurde, sind nach den autographen Quellen die Partitur im Selbstverlag, die 1909 erschien, die erste gestochene Studienpartitur von 1920 und deren zweite, als revidiert bezeichnete Ausgabe von 1921 bzw. 1925. Überdies richtete der Komponist das Werk mehrfach für Streichorchester ein; die endgültige Fassung für Streichorchester erschien 1929 im Druck. Vervollständigt wird die Palette durch Klavierauszüge, die zwei Schüler Schönbergs zum Teil unter dessen Mitarbeit - erstellten; die Auszüge des 3. und 4. Satzes für Klavier 2händig von Alban Berg erschienen zuerst 1921, der Auszug des ganzen Quartetts für Klavier 4händig von Felix Greissle 1923. (Schmidt, Christian Martin: GA Reihe B, Bd. 20, S. XIV)

An autographen Quellen liegen neben den Kompositionsentwürfen und der unvollständigen Ersten Niederschrift (A) die Partiturniederschrift (B), die Partiturreinschrift (C) und der – allerdings nur in Teilen überlieferte – Stimmensatz (D) vor. Ein Autograph des Komponisten lag aber auch dem Erstdruck zugrunde, dessen erster Ausgabe (Ea 1909) zwei korrigierte folgten (Eb 1912, Ec 1915). Der Erstdruck der Stimmen (F 1911) reproduziert eine Kopistenhandschrift. 1920 erschien die erste gestochene Studienpartitur (Ga); ihre zweite, als revidiert bezeichnete (Gb 1921/1925) und ihre dritte Ausgabe (Gc 1937) sind im Text geändert und kamen sowohl in der Aufmachung der Universal Edition als auch in der des Wiener Philharmonischen Verlages heraus. Die gestochenen Stimmen (H) erschienen 1921.
Von nahezu allen Druckausgaben liegen Exemplare mit handschriftlichen Eintragungen Schönbergs vor; textkritisch relevant sind jedoch nur die Eintragungen in Ea[HE], Ga[HE] und Gb[HE] (UE-Ausgabe). Je ein Exemplar von Ea, Ec und Gb steht in Zusammenhang mit der Einrichtung des Quartetts für Streichorchester. Besondere Aufmerksamkeit hinsichtlich Schönbergs Interesse an einer angemessenen Aufführung seiner Werke verdient ein Exemplar von Ea, in das Schönberg zahlreiche detailiierte Anweisungen zur praktischen Realisierung eingetragen hat. (Schmidt, Christian Martin: GA, Reihe B, Bd. 20, S. 111)

Besetzung: Viola, Violine I, Violine II, Violoncello, Sopran
Gattung: Kammermusik --> Streichquartette
Text:

Text nach GA:

Litanei
Tief ist die trauer, die mich umdüstert,
Ein tret ich wieder, Herr! in dein haus...

Lang war die reise, matt sind die glieder,
Leer sind die schreine, voll nur die qual.

Durstende zunge darbt nach dem weine.
Hart war gestritten, starr ist mein arm.

Gönne die ruhe schwankenden schritten,
Hungrigem gaume bröckle dein brot!

Schwach ist mein atem rufend dem traume,
Hohl sind die hände, fiebernd der mund.

Leih deine kühle, lösche die brände,
Tilge das hoffen, sende das licht!

Gluten im herzen lodern noch offen,
Innerst im grunde wacht noch ein schrei...

Töte das sehnen, schliesse die wunde!
Nimm mir die liebe, gib mir dein glück!


Entrückung
Ich fühle luft von anderem planeten.
Mir blassen durch das dunkel die gesichter
Die freundlich eben noch sich zu mir drehten.

Und bäum und wege die ich liebte fahlen
Dass ich sie kaum mehr kenne und du lichter
Geliebter schatten – rufer meiner qualen –

Bist nun erloschen ganz in tiefern gluten
Um nach dem taumel streitenden getobes
Mit einem frommen schauer anzumuten.

Ich löse mich in tönen, kreisend, webend,
Ungründigen danks und unbenamten lobes
Dem grossen atem wunschlos mich ergebend.

Mich überfährt ein ungestümes wehen
Im rausch der weihe wo inbrünstige schreie
In staub geworfner beterinnen flehen:

Dann seh ich wie sich duftige nebel lüpfen
In einer sonnerfüllten klaren freie
Die nur umfängt auf fernsten bergesschlüpfen.
Der boden schüttert weiss und weich wie molke.

Ich steige über schluchten ungeheuer,
Ich fühle wie ich über letzter wolke
In einem meer kristallnen glanzes schwimme –
Ich bin ein funke nur vom heiligen feuer
Ich bin ein dröhnen nur der heiligen stimme.

Text nach Vorlage:

Litanei
Tief ist die trauer
   die mich umdüstert,
Ein tret ich wieder
   Herr! In dein haus..

Lang war die reise,
   matt sind die glieder,
Leer sind die schreine,
   voll nur die qual.

Durstende zunge
   darbt nach dem weine.
Hart war gestritten,
   starr ist mein arm.

Gönne die ruhe
   schwankenden schritten,
Hungrigem gaume
   bröckle dein brot!

Schwach ist mein atem
   rufend dem traume,
Hohl sind die hände,
   fiebernd der mund..

Leih deine kühle,
   lösche die brände,
Tilge das hoffen,
   sende das licht!

Gluten im herzen
   lodern noch offen,
Innerst im grunde
   wacht noch ein schrei..

Töte das sehnen,
   schliesse die wunde!
Nimm mir die liebe,
   gieb mir dein glück!

(Stefan George: Der siebente Ring. Berlin: Blaetter für die Kunst 1907, S. 148-149)

Entrueckung
Ich fühle luft von anderem planeten.
Mir blassen durch das dunkel die gesichter
Die freundlich eben noch sich zu mir drehten.

Und bäum und wege die ich liebte fahlen
Dass ich sie kaum mehr kenne und Du lichter
Geliebter schatten - rufer meiner qualen -

Bist nun erloschen ganz in tiefern gluten
Um nach dem taumel streitenden getobes
Mit einem frommen schauer anzumuten.

Ich löse mich in tönen, kreisend, webend,
Ungründigen danks und unbenamten lobes
Dem grossen atem wunschlos mich ergebend.

Mich überfährt ein ungestümes wehen
Im rausch der weihe wo inbrünstige schreie
In staub geworfner beterinnen flehen:

Dann seh ich wie sich duftige nebel lüpfen
In einer sonnerfüllten klaren freie
Die nur umfängt auf fernsten bergesschlüpfen.

Der boden schüttert weiss und weich wie molke..
Ich steige über schluchten ungeheuer,
Ich fühle wie über lezter wolke

In einem meer kristallnen glanzes schwimme -
Ich bin ein funke nur vom heiligen feuer
Ich bin ein dröhnen nur der heiligen stimme.

(Stefan George: Der siebente Ring. Berlin: Blaetter für die Kunst 1907, S. 122-123)

beteiligte Personen: Stefan George (1868-1933) - Textautor(in)
Mathilde Schönberg, geb. Zemlinsky (1877-1923) - Widmungsträger(in)

Erstdruck: Selbstverlag 1909
Gesamtausgabe: Reihe A, Bd. 20, S. 81-137; Reihe B, Bd. 20, S. 111-221; Skizzen, Vortragsanweisungen [1909]: Reieh B, Bd. 20, S. 173-221

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