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Chorwerke (Fragmente)
[GA B 18,3.05] Darthulas Grabgesang

Entstehungszeitraum: 18.04.1903
Quellen:

Textquelle

Skizzen und Entwürfe

Zweiteilige Niederschrift

Beschreibung:

Fragment eines Werkes für Chor, Soli und Orchester, 143 Takte.

Die unvollendete Komposition liegt in Niederschriften unterschiedlichen Ranges: in Skizzen, Entwürfen und überarbeiteten, aber dennoch unfertigen Abschriften vor. Am weitesten ist die Ausarbeitung der Komposition von V. 1-8 gelangt; basierend auf Skizzen und Entwürfen wurde eine Niederschrift (B1) erstellt, die (ab T. 28) den Chorsatz bis auf weniges vollständig enthält, für das Orchester-Particell allerdings nur geringe Andeutun­gen bietet.
Dem Choreinsatz geht ein kurzes Orchester-Vorspiel voran, dessen Tonsatz für die T. 4-13 als weitgehend vollständig betrachtet werden kann, da er den fertiggestellten T. 28-37 des Chorsatzes entspricht; der harmonische Ablauf von T. 8f. war zudem bereits in der Skizze S11 fixiert worden. Für die T. 14f. des Orchester-Vorspiels bis zum Einsatz des Chores wurde jedoch nur der melodische Ablauf notiert, der von T. 22f. an wohl erst bei Anfertigung von B1 komponiert wurde; die Skizze S11 geht, indem sie die Baßführung für T. 17-18 enthält, über B1 hinaus. Unfertig ist auch der Anschluß von Orchester-Vorspiel und Choreinsatz.
Problematischer verhält es sich mit den übrigen Skizzen und der Niederschrift B2. Daß B2 als direkter Anschluß an B1 gedacht ist, legt der Beginn der Skizze S35 und des Entwurfs S39 nahe. Obwohl B2 keinerlei Textierung aufweist, läßt sich aufgrund der Skizzen S29 und S30 zumindest nachweisen, daß sich die T. 20f. von B2 auf die Verse 12f. (Frühling ist draußen) beziehen. Das Hereinbrechen von E-dur (B2, T. 12-19) innerhalb des bis dahin in es-Moll gehaltenen Stückes ließe sich – auch motivisch – als Komposition der Worte Wach auf! verstehen.
Schwierig wird es jedoch mit der Lokalisierung der unmittelbar vorausgehenden Verse 9-10 in der in B2 fixierten Fassung, die dort zugunsten einer orchestralen Überleitung (B2 T. 1-11) zu entfallen scheinen, in der Skizze (S12) dagegen eben mit den Worten dieser Verse unterlegt, ja in S38 und S39 für Chor gesetzt sind. Ähnlich verhält es sich mit der Komposition von V. 12f. (Frühling ist draußen usw.), die in B2 für Solo Quartett, in S30 aber für Chor konzipiert ist. Zur Lösung der Frage, welche Konzeption die ältere, welche die jüngere ist, wäre es notwendig, die Entstehungsfolge der Skizzen zu rekonstruieren, was durch den Umstand erschwert wird, daß die Skizzenblätter nicht immer in chronologischer Abfolge noch dem formalen Ablauf des Stücks folgend beschrieben wurden. Außerdem ist in Betracht zu ziehen, daß das Vorliegen einer chorischen und einer orchestralen Fassung des gleichen Tonsatzes auch auf die Konzeption eines wiederholten Erklingens deuten kann. Dies ist zumindest für die Komposition der V. 12f. (Frühling ist draußen usw.) möglich, denn dieser Teil – in der gestrichenen ersten Fassung relativ umfangreich – ist in der zweiten Fassung (beides in B2) nicht sehr weit ausgeführt.
Die Analyse der sich auf die Niederschrift B2 beziehenden Skizzen läßt jedoch zumindest den Schluß zu, daß diese durch die Fassung der Niederschrift überholt werden (s. u. Kommentierung der Skizzen) ; das Motiv B2 T. 16 I (das dann für die Komposition T. 20 f. Bedeutung erlangt) erscheint überhaupt erstmals in der Niederschrift. Die Skizzenana­lyse legt folgende Textierung der Niederschrift B2 nahe: T. 7-11: Nimmer, o nimmer kommet mehr die Sonne weckend an deine Ruhestätte (V. 9-10), T. 12-19: Wach auf, [Darthula] (V. 10-11), T. 20 bis Abbruch der Niederschrift B2 in T. 42 Frühling ist draußen usw. (V. 12-15).
Die Vertonung der V. 16-19 schließlich wurde nur noch grob skizziert (S31). Mit geringfügigen Abweichungen greift sie Früheres wieder auf: so entsprechen T. 1-5 (zu den Worten Auf immer, auf immer, so weiche denn, Sonne) den T. 6-10 der Niederschrift B2, die – wie die Skizze S12 erweist – den korrespondierenden Vers 9 Nimmer, o nimmer kommet mehr die Sonne vertonen; T. 6-15 (Nie ersteht sie wieder in ihrer Schöne!) entsprechen T. 46-55 der Niederschrift B1 (Wann erstehst du wieder in deiner Schöne?), T. 16-17 wiederholen den Abschluß der Phrase (T. 15); T. 20-22 entsprechen T. 58-60 der Niederschrift B1 (dort textiert mit Du schläfst im Grabe langen Schlaf) ; T. 23-24 schließlich entsprechen dem Beginn des Fragments (T. 4f. bzw. T. 28f.), der – obzwar nicht textiert – unzweifelhaft als Vertonung des V. 1 Mädchen von Kola, du schläfst anzusehen ist. Nach Abschluß der Vertonung des Gedichts werden also zwei von der Schlaf-Tod-Metaphorik handelnde Verse angefügt.
Das Schlaf-Motiv des Beginns beherrscht auch den (wohl instrumental gedachten) Schluss der Komposition, der in S24 skizziert wurde.
Es ergibt sich also eine dreiteilige Anlage. Der erste Teil (es-moll) vertont die V. 1-8, der dritte, wieder in es-moll und aus den Motiven des ersten gestaltet, die V. 16-19; der zweite Teil bildet den im Gedicht (V. 10-15) vorgegebenen starken Kontrast ab, indem er (nach einer Überleitung auf die V. 9-10) ein durch hinzugefügte Sext eingefärbtes E-dur, dann ein durch übermäßige Intervalle eingefärbtes G-dur erreicht.
Gänzlich fehlt in dem Fragment die Rückleitung des zweiten Teils in den dritten. In der gestrichenen Fassung der T. 34-78 in B2 wird in dem chromatischen Absteigen ab T. 69 (in Ober- und Unterstimme gegenläufig) bereits eine abschließende Tendenz bemerkbar. Die Neufassung dieses Teils ist jedoch nicht sehr weit gelangt.
Der Tonartenkontrast es-Moll - E-Dur gehörte offenbar mit zum ersten Einfall des Werks. Darauf lassen einige später nicht verwendete Melodieeinfälle in E-dur schließen, die sich möglicherweise auf die V. 12f. beziehen. In B2 wird E-Dur (mit Sext) dem V. 1011. vorbehalten, und in Vorbereitung des folgenden G-Dur wird am Akkoladenbeginn nur ein Kreuz vorgezeichnet. In T. 35f. post corr. werden die Motive des E-Dur - und des G-Dur-Teils vereinigt.
Wie im Fragment von „Ein Harfenklang“ steht auch am Anfang von „Darthulas Grabgesang“ eine harmonische Konstella­tion, hier die Akkordverbindung des dritten Takts (B1) ; der Fortgang entspinnt sich jedoch aus der melodischen Gestalt der Unterstimme.
(Okuljar, Tadeusz; Sichardt, Martina: GA, Reihe B, Bd. 18, Teil 3, S. 26-27)

Überliefert sind Skizzen und Entwürfe (A) und eine zweiteilige Niederschrift (B1, B2) mit gestrichenen Passagen. (Okuljar, Tadeusz; Sichardt, Martina: GA, Reihe B, Bd. 18, Teil 3, S. 22)

Besetzung: Gemischter Chor, Orchester, Soli
Gattung: Chorwerke --> Chorstücke (Fragmente)
Text:

Text nach GA:

Mädchen von Kola, du schläfst!
Um dich schweigen die Ströme Selmas!
Sie trauren um dich, den letzten Zweig
Von Thrutils Stamm!

Wann erstehst du wieder in deiner Schöne?
Schönste der Mädchen in Erin!
Du schläfst im Grabe langen Schlaf,
Dein Morgenroth ist ferne!

Nimmer, o nimmer kommet mehr die Sonne
Weckend an deine Ruhestätte:„Wach auf!
Wach auf, Darthula!
Frühling ist draußen,
Die Lüfte säuseln!
Auf grünen Hügeln, holdseliges Mädchen,
Weben die Blumen! im Hain wallt sprießendes Laub!"

Auf immer, auf immer, so weiche denn, Sonne,
Dem Mädchen von Kola, sie schläft.
Nie ersteht sie wieder in ihrer Schöne!
Nie siehst du sie lieblich wandeln mehr.

Text nach Vorlage:

Darthulas Grabesgesang.
Aus Ossian.

Mädchen von Kola, du schläfst!
Um dich schweigen die blauen Ströme Selmas!
Sie trauren um dich, den letzten Zweig
Von Thrutils Stamm!

Wann erstehst du wieder in deiner Schöne?
Schönste der Mädchen in Erin!
Du schläfst im Grabe langen Schlaf;
Dein Morgenroth ist ferne!

Nimmer, o nimmer kommet mehr die Sonne
Weckend an deine Ruhestätte: „Wach auf!
Wach auf, Darthula!
Frühling ist draußen,
Die Lüfte säuseln!
Auf grünen Hügeln, holdseliges Mädchen,
Weben die Blumen! im Hain wallt sprießendes Laub!"

Auf immer, auf immer, so weiche denn, Sonne,
Dem Mädchen von Kola, sie schläft.
Nie ersteht sie wieder in ihrer Schöne!
Nie siehst du sie lieblich wandeln mehr.

(Aus fremden Sprachen. In: Goethes Werke. Herausgegeben / von / Heinrich Kurz. Kritisch durchgesehene und erläuterte Ausgabe. Leipzig und Wien: Bibliographisches Institut s.a., Bd. II, S. 168)

beteiligte Personen: Johann Gottfried Herder (1744-1803) - Textautor(in)
Ossian (James Macpherson) (1736-1796) - Textautor(in)

Erstdruck: GA, Reihe B, Bd. 18, Teil 3, S. 29-39
Gesamtausgabe: Reihe B, Bd. 18, Teil 3, S. 29-39; Reihe B, Bd. 18, Teil 3, S. 22-63; Skizzen, Entwürfe: S. 40-63

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