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Sechs Stücke für Männerchor
4. Glück

Opus: op. 35
Entstehungszeitraum: 03.1929-03.1930
Uraufführung: 2. November 1929, Berlin, Berliner Rundfunk (Erwin Lendvai-Quartett; Walter Hänel, Dirigent).
Quellen:

Skizzen und Erste Niederschrift
Weitere Quellen:

Reinschrift

Originaldruck in: Männer-Chöre ohne Begleitung, gesammelt von Alfred Guttmann. Deutscher Arbeiter-Sängerbund Berlin [1929]. Verlagsnummer 1350

Sonderdruck des Originaldrucks [F]. Deutscher Arbeiter-Sängerbund Berlin [1929]

Stichvorlage für den Originaldruck [K]

Stimmbücher des Originaldrucks [F]

Originaldruck. Ed. Bote & Bock, Berlin 1930. B&B 19979–19984

Stimmen

Erstes Handexemplar des Originaldrucks [K]

Zweites Handexemplar des Originaldrucks [K]

Beschreibung:

Über die Vorgeschichte zur Entstehung der Schönberg­schen Männerchorkompositionen gibt der Briefwechsel zwischen Schönberg und Alfred Guttmann von 1928 Aufschluß. Am 5. September 1928 erging an Schönberg die Einladung zur Komposition von Männerchören durch den Vorsitzenden des Arbeiter-Sängerbundes, Alfred Guttmann:
Sehr geehrter Herr Professor!
Wenn Sie die Volksmusikbewegung verfolgt haben, so wird Ihnen vielleicht bekannt sein, dass seit einer Reihe von Jahren ein künstlerischer Aufschwung deutlich erkennbar ist. Vor allem hat das erste deutsche Arbeiter-Musikfest in HANNOVER die Leistungsfähigkeit des eine Viertelmillion Mitglieder umfassenden Deutschen Arbeiter-Sängerbundes gezeigt.
Als künstlerischer Beirat dieses Bundes (In Gemeinschaft mit Professor Ochs und Professor Thiel) habe ich mich um die Hebung der Musikliteratur unserer Sänger seit Jahren bemüht und eine grössere Reihe von Chorsammlungen z. T. in gemein­samer Arbeit mit meinem Freunde Karl L ü tg e herausgegeben. In meiner in Vorbereitung befindlichen 2 bis 300 Chöre umfas­senden Männerchorsammlung würde ich sehr gern einen oder zwei Chöre von Ihnen aufnehmen und frage Sie an, ob Sie geneigt sind, mitzuarbeiten.
Da der Bund seine Noten unter dem eignen Selbstkostenpreise und nur an seine Mitglieder abgibt, ist er nicht in der Lage, Honorare zu zahlen, wie sie Verleger zahlen können, die mit den Erwerbungen ein Geschäft machen wollen. Wir können daher in der Regel für eine grössere Originalkomposition oder eine durchkomponierte Volkslied-Bearbeitung im Höchstfalle RMk. 100. zahlen, für kürzere Stücke entsprechend weniger: Soll­ten Sie bereit sein, mitzuarbeiten, so bitte ich Sie, mir dieses mitzuteilen, damit ich Ihnen präzise Vorschläge machen kann. Ich darf vielleicht erwähnen, dass die ersten künstlerischen Kräfte unseres Musiklebens mitarbeiten und nenne Namen wie: Blech, Robert Kahn, Lendvai, Ochs, Othegraven, Röntgen, Georg Schumann, u. A.
Schönberg antwortete am 22. September:
Sehr geehrter Herr Doktor Guttmann, Sie fordern ein Geschenk mit Worten, wie man, vom Feldwebel abwärts, eine Schuld eintreibt. Aber man müsste doch bei Personen von einigen Verdiensten (vom Musikwissenschaftler aufwärts) sogar die Begleichung einer Schuld mit Worten betreiben, mit denen man, ungeziemenderweise sogar an geziemendere Orte, ein Geschenk erbittet. - Gerne würde ich Ihnen nun gerührt über die harte Lektion, die ich Ihnen erteilen musste, das Geschenk zusagen; wüsste ich nicht, dass Sie mir diese nie verzeihen werden. Und trotzdem - fast möchte i c h mich nun entschuldigen - sollten Sie einsehen dass man so nicht mit mir spricht; und verstehen, dass, wenn man gar längere Zeit im Ausland gelebt hat, es einem unerträglich erscheint, von Deutschen immer so „hart" angefasst zu werden, so ohne die leiseste Aeusserung von Achtung (wenn auch nur in der Form gänzlich unverbindlicher Liebenswürdigkeit), so ohne jede Andeutung des Umstandes dass es Ihnen gar nicht so unange­nehm wäre, meinen Namen (obwohl Sie ja nichts von mir halten! Warum aber fordern Sie mich dennoch auf?) doch in dieser Sammlung zu haben; weil es eben ein moderner Name ist. Genug! Ich will Ihnen zusagen, falls Sie von meinem Verlag die Erlaubnis erhalten.
Am 28. September schrieb darauf Guttmann:
Sehr geehrter Herr Professor!
Ihr Brief hat mich ausserordentlich betrübt und erregt. Ich habe lange nachgedacht, was Sie so verletzt haben könnte. Denn der Zweck meines Briefes war doch das Gegenteil einer Kränkung! In jahrelanger Korrespondenz mit einer grossen Anzahl von füh­renden Musikern habe ich eigentlich nur ein einziges Mal eine so scharfe Antwort bekommen wie die von Ihnen und das war - Hans Pfitzner. Die vorn Ihnen als so unpassend empfundene Einladung, mitzuarbeiten, ist von mir in dergleichen Formulie­rung an mehrere Musiker von Ruf abgegangen. Ich nenne z. B: Reznicek, Hausegger; Hindemith, Alban Berg, Kaminski usw. Alle eingelaufenem Antworten enthalten freundliche Zusagen oder, durch Arbeitsüberlastung resp. Bindung an bestimmte Verleger verursachte Verhinderung mit dem Ausdruck des Bedauerns über diese Unmöglichkeit. Wenn Sie zugleich bedenken wollen, dass ich im letzten Monat (laut Postbuch meiner Sekretärin) über 200 Briefe in der Angelegenheit meiner Chorsammlung unterschrieben habe, so werden Sie verstehen, dass es mir nicht bewusst ist, Ihnen etwas geschrieben zu haben, was Sie so verlet­zen konnte wie es offenbar der Fall gewesen ist. Vielleicht ist eine Erklärung dadurch möglich, dass der Sekretärin in denn an Sie gerichtetern Brief ein Tippfehler passiert ist, den ich übersehen habe. Jedenfalls wäre ich Ihnen verbunden, wenn Sie mir das inkriminierte Schriftstück zusenden würden.
Auch ich lebe sehr viel im Auslande; und auch mich verletzt oft die brüske Art, die in Deutschland üblich ist. Umsomehr ver­suche ich, mich der entgegengesetzten Ausdrucksweise zu befleis­sigen und verstehe darum absolut nicht, was Sie in meinem Brief so gekränkt hat.
Sie sehen aus diesen ausführlichen Darlegungen, dass Ihre Ver­mutung, ich würde Ihnen „Ihren Brief nie verzeihen“, nicht zutrifft. Und ebenso weiss ich nicht, warum Sie mir unterstellen, dass ich „nichts von Ihnen halte“. Können Sie diese Behaup­tung belegen? Ist Ihnen etwa bekannt, was ich bereits vor etwa 10 Jahren in einem längeren Artikel über Sie geschrieben habe, als ich unter dem Obertitel: „Musikalische Charakterköpfe“ über Sie, über Richard Strauss, Busoni, Mahler, meine Ansich­ten dargelegt habe? Ist Ihnen ferner bekannt, dass ich als Leiter der Kunstabteilungen der Volkshochschule Gross-Berlin bei einer grösseren Veranstaltung unter dem Titel: „Die wichtigsten Strömungen in der Musik unserer Zeit" Eduard Erdmann zum Spielen gewonnen habe, der unter anderem 2 Stücke von Ihnen auf meine Bitte zweimal gespielt hat? [Randbemerkung Schönbergs: großartig!!] Im übrigen, prinzipiell gesprochen: Wenn ich „nichts von Ihnen hielte“, was hätte ich für einen Anlass, Sie aufzufordern? „Moderne Namen“ habe ich auch ohne Sie in Hülle und Fülle; aber ich halte es für notwendig, dass auch der ausgesprochene Führer einer bestimmten wichtigen Bewegung, nämlich Arnold Schönberg, in dieser Sammlung vertreten ist. Ich darf Ihnen als Gegenbeispiel vielleicht sagen, dass ich auch Busoni vor vielen Jahren schon gebeten habe, für meine Volksmusikbestrebungen als schaffender Künstler beizu­tragen. Hoffentlich ermöglichen diese Zeilen Ihnen, Ihren Groll zu ver­gessen. Selbst wenn Sie mir keinen Beitrag schreiben wollen, würde ich es lebhaft bedauern, dass durch unsere Korrespondenz ein solcher Stachel in Ihre Seele gesenkt ist.
Der Chor „Glück“, später das vierte Stück von op. 35, wurde für das Männerchor-Liederbuch komponiert. Ein erster Entwurf (S29 auf Aa 9) wurde jedoch verworfen, wie Schönberg am 11. März Guttmann mitteilte:
op. 35 Nr. 4 „Glück“: 15. März 1929: Enddatum Erste Niederschrift (Ab, S. [5]). Zwischenzeitlich Titel, auf Textquelle: Was ist das Glück?

Im April schrieb Schönberg die Texte aller Chöre auf und komponierte als zweiten den (ebenfalls nicht-zwölftöni­gen) Chor „Verbundenheit“. In beiden Textquellen be­finden sich auch einige musikalische Skizzen (wobei auch die Skizzen zu Nr. 2 noch auf eine tonale Vertonung zielen).
Texte Nr. 1, 3, 5, 2, 6 (1. Strophe): 16. April 1929 (TA)
Text Nr. 6 (2. Strophe): 19. (ante corr. 18.) April 1929 (TA)
op. 35 Nr. 6 „Verbundenheit“: 16.-19. (ante corr. 18.) April: Erste Niederschrift (Aa 14). Titel auf der Ersten Niederschrift: Jeder – jedes – jedem
Inzwischen war der Band „Männer-Chöre ohne Beglei­tung“ erschienen, mit dem Abdruck von Schönbergs Chor „Glück" auf den Seiten 687-690 (Quelle F). Vom Maiheft 1929 an wurde in der Zeitung des Arbeiter-Sän­gerbundes monatlich für den Band geworben.
Im Frühjahr 1930 komponierte Schönberg die übrigen vier Chöre, die Kompositionsdaten entsprechen der Reihenfolge der ersten vier Texte in den Textquellen TA und TD:
op. 35 Nr. 1 „Hemmung“: 19. Februar 1930: Skizze (Aa 6) und Erste Niederschrift (Aa 13)
op. 35 Nr. 3 „Ausdrucksweise“: 4. März: Erste Niederschrift (Aa 5 und 53). Zwischenzeitlich Titel: Aus uns . . . und Masseninstinkt
op. 35 Nr. 5 „Landsknechte“: 5.-8. März: Erste Niederschrift (Aa 10 bzw. 11). Zwischenzeitlich Titel, auf Textquellen: Landsknechte, in Skizze: Landsknechteschicksal
op. 35 Nr. 2 „Das Gesetz“: 5.-9. März: Rein­schrift (C*)

Sogleich bot Schönberg die Chöre dem Berliner Verlag Bote & Bock an, der Vertrag wurde am 21. März 1930 geschlossen. Schönberg stellte am Tag darauf die Ab­lieferung der Reinschriften für den 26./27. März in Aus­sicht.
Mit dem 25. März datierte Schönberg die Stichanweisun­gen; die Reinschriften" (B*, C*, D*, Fal, G*, J*) sind danach an den Verlag gelangt, zunächst wohl der zweite und fünfte Chor (C*, G*). Vom sechsten Chor, dessen Reinschrift (H) wohl gleichzeitig dem Deutschen Arbeiter-Sängerbund zur Drucklegung vorlag, hatte Schönberg eine zweite Reinschrift (J*) angefertigt.
(Okuljar, Tadeusz; Schubel, Dorothee: GA, Reihe B, Bd. 18, Teil 2, S. XXIX-XXXI)

Überliefert sind Reihentabellen, Skizzen und Erste Niederschriften (A), jeweils die Negativkopie der Reinschrift C* von Nr. 2 (Ca) und Reinschrift G* von Nr.5 (Ga), der Originaldruck und der Sonderdruck von Nr. 4 als Partitur (F, Fa, als Stichvorlage Fa1 zu K) und als Stimmbücher (Fb), die autographe Stichvorlage von Nr.6 (H) für den Originaldruck (I) sowie der Originaldruck der Sammlung von Nr. 1–6 (K) samt Stimmen (K1).
Die Reinschriften, die vermutlich als Vorlage für F (E*) bzw. K (B*, C*, D*, G*, J*) dienten, sind verschollen. Von K sind zwei Exemplare vorhanden, die Schönberg als Handexemplare dienten, d.h. welche er mit Eintragungen versehen hat (Ka, Kb).
In den Textquellen TA und TD befinden sich weiter musikalische Skizzen.
(Okuljar, Tadeusz; Schubel, Dorothee: GA, Reihe B, Bd. 18, Teil 2, S. 202)

Besetzung: Männerchor
Gattung: Chorwerke --> Chorstücke
Text: Glück ist die Fähigkeit, es noch zu wünschen,
es noch nicht genossen zu haben,
es noch winken zu sehen:
solange es sich versagt, ist es Glück.
Oder: wenn es entschwinden könnte,
wenn man es nicht erwartet,
wenn man es nicht verdient:
solange man es noch hat, ist es Glück.
Oder: wenn mans nicht benennen kann,
nicht weiß, worin es besteht,
nicht glaubt, daß andere es kennen:
solange man es nicht begreift, ist es Glück.
beteiligte Personen: Arnold Schönberg (1874-1951) - Textautor(in)

Erstdruck: Bote & Bock, Berlin 1930 (B. & B. 19982)
Gesamtausgabe: Reihe A, Bd. 18, S. 120-122; Reihe B, Bd. 18, Teil 2, S. 202-240; Skizzen: Reihe B, Bd. 18, Teil 2, S. 253-257

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