Titel

Werkgattungen

Papiersorten

Volltextsuche

Kategoriensuche

Verknüpfte Suche

Sie befinden sich hier: Alle Titel / Kanons und kontrapunktische Sätze - [GA A 18.31] Kanon für Thomas Mann zum 70. Geburstag

Kanons und kontrapunktische Sätze
[GA A 18.31] Kanon für Thomas Mann zum 70. Geburstag

Entstehungszeitraum: 06.06.1945
Quellen:

Skizzen und Erste Niederschrift

Reinschrift
Weitere Quellen:

Faksimile-Druck der Reinschrift

Beschreibung:

Thomas Mann und Arnold Schönberg haben sich vermutlich im April 1938 in Hollywood kennen gelernt. Seit 1943 entstand im Zusammenhang mit Thomas Manns Arbeit am „Doktor Faustus“ ein intensiverer Kontakt; so beschäftigte sich Thomas Mann im Herbst 1943 mit der „Harmonielehre“ und der Dichtung „Jakobsleiter“.
Schönbergs Geburtstagskanon für Thomas Mann – vor der sogenannten Dr. Faustus-Affäre entstanden – ist nicht zuletzt angesichts der Quellenlage eine ungewöhnliche Komposition; so steht einer Überlieferung von über 30 Skizzen ein vollendetes Stück von nur neun Takten gegenüber. Doch bereits der Kompositionsprozeß zeigt, verglichen mit dem anderer Kanons, einige Ungewöhnlichkeit, nämlich im Verhältnis von Einfall und Verarbeitung. Wie die Rekonstruktion des Entstehungsprozesses erweist, verdankt sich das Kopfmotiv des Kanons – der Tritonus-Sprung, dem ja eine besondere musikalisch-semantische Bedeutung innewohnt – gerade nicht dem ursprünglichen Einfall, sondern wurde in das durch den Einfall gegebene Gerüst hineinkonstruiert; vielleicht liegt damit sogar eine bewußte Steigerung des Bedeutungsgehalts vor. Darüber hinaus bilden im vorliegenden Kanon Text und Kopfmotiv nicht die Einheit des ersten Einfalls; der Text wurde erst in einem späteren Stadium unterlegt und dann im weiteren Verlauf wieder fallen gelassen. Schönbergs Kompositionsweise sogar eines Kanons ist also im vorliegenden Fall in weit größerem Maße als sonst – und entgegen seiner Art des Komponierens generell – von nachträglicher Konstruktion durchsetzt; der Komponist hat es sich tatsächlich, wie er selbst sagt, besonders schwer, ja fast unmöglich gemacht.
Ungewöhnlich ist schließlich auch die Konstruktion des Kanons selbst. In ihm sind weder die Initialen des Adressaten verborgen noch wird in einem Text auf dessen Verdienste verwiesen oder gar ein Zitat aus seinem Werk hineinkompo­niert wie im Geburtstagskanon für Alban Berg. Es handelt sich im Gegenteil um eine Art Selbstdarstellung des Komponisten, der dem berühmten Schriftsteller so seine Schätzung auf besondere Weise zeigen wollte. Die Kanonzeile wird in gerader Bewegung, Umkehrung, Krebs und Krebsumkehrung vorgeführt – in den vier Modi der Zwölftonkomposition also –, der Kanon insgesamt ist chromatisch komponiert; man könnte nahezu von einer „Reihenkomposition“ sprechen, denn was ist ein Kanon anderes als ein vollständig auf nur einer „Reihe“ beruhendes Stück? Gleichzeitig werden die Stimmführungsregeln der tonalen Musik zwar großzügig gehandhabt, aber dennoch bis zu einem bestimmten Grad eingehalten. Auch die Verwendung der alten Schlüssel verbindet Neues mit Altem. Eine Ineinssetzung von Reihenkomposition und tonaler Harmonik hatte Schönberg bereits in den Orgelvariationen op. 40 angestrebt. (Okuljar, Tadeusz; Sichardt, Martina: GA, Reihe B, Bd. 18, Teil 1, S. 133)

Überliefert sind Skizzen und Erste Niederschrift (A) sowie die Reinschrift (B). (Okuljar, Tadeusz; Sichardt, Martina: GA, Reihe B, Bd. 18, Teil 1, S. 131)

Besetzung: Gemischter Chor
Gattung: Chorwerke --> Kanons und kontrapunktische Sätze
beteiligte Personen: Thomas Mann (1875-1955) - Widmungsträger(in)

Erstdruck: Kanon von Arnold Schönberg, in: Die Neue Rundschau (6. Juni 1945), = Sonderausgabe zu Thomas Manns 70. Geburtstag. Stockholm: Bermann-Fischer Verlag 1945, S. 164.
Gesamtausgabe: Reihe A, Bd. 18, S. 190; Reihe B, Bd. 18, Teil 1, S. 131-142; Skizzen: Reihe B, Bd. 18, Teil 1, S. 133-142

zurück