Konvolut aus 11 Bögen und 50 Einzelblättern vorgedruckten Notenpapiers unterschiedlicher Art und Größe, die zwischen zwei mit dunkelblauem Leinen überzogenen Pappdeckeln im Format 365 x 290 mm (hoch) lose beieinanderliegen. Vorderer Pappdeckel etwas oberhalb der Mitte mit einem aus braunem Packpapier ausgeschnittenen Etikett im Format ca. 104 x 115 mm beklebt; darauf mit schwarzem Farbstift Titel und Inhaltsangabe Gurre Lieder | 1ste Niederschrift | Teil II u III ohne | Schlusschor – | wer hat den | 1sten Teil. Innenseite des vorderen Deckels mit Adreßstempelaufdrucken Arnold Schönberg, Berlin-Zehlendorf – Wannseebahn | Machnower Chaussee, Villa Lepcke und Arnold Schönberg | Wien, XIII. Gloriette- | gasse 43. Tel. 84373 (vgl. unten, S. 97). Bei einigen Einzelblättern lassen paßgenaue Übereinstimmungen in der Abreißkante des Falzes erkennen, daß sie ursprünglich zusammen einen Bogen bildeten und spätestens bei der endgültigen Zusammenstellung des Manuskripts getrennt wurden. Bei der Mehrzahl der Blätter läßt sich ein solcher vormaliger Zusammenhang jedoch bloß vermuten.

Das mit schwarzer Tinte geschriebene Manuskript umfaßt sämtliche Nummern des Werks in einer teils im Klaviersystem, teils in Particellnotation auf bis zu sieben Systemen abgefaßten Niederschrift, die in der Regel neben den Vokalstimmen auch alle wichtigen Orchesterstimmen enthält. Während der Tonsatz in Hinblick auf Tonhöhen und Rhythmus bereits weitgehend ausgearbeitet ist, weicht er hinsichtlich der Gestaltung von Dynamik und Phrasierung noch häufig von der endgültigen Partiturfassung ab. Darüber hinaus finden sich auf nahezu sämtlichen Seiten mit Bleistift und Tinte geschriebene Instrumentationseintragungen, die jedoch ebenfalls nur zum Teil mit der ausgearbeiteten Partitur übereinstimmen.

Die zahlreichen Fortsetzungs- und Anschlußverweise (Vi=, =de) lassen erkennen, daß die Herstellung einer zusammenhängenden Niederschrift das Ergebnis eines langwierigen Entstehungsprozesses war. Dies zeigen auch die Frühfassungen einer Reihe von Liedern, die teils durch spätere Überarbeitung in die Erste Niederschrift eingegangen sind, teils durch Streichung bzw. Überklebung aus ihrem früheren Zusammenhang ausgesondert wurden, obwohl sie Bestandteil des ursprünglichen Manuskripts blieben. Ein Teil dieser Frühfassungen kam erst durch die im Herbst 1999 vorgenommene Ablösung der teils großflächigen, teils nur wenige Takte umfassenden Überklebungen ans Licht [Vgl. Verena Graf und Therese Muxeneder, Aus dem Archiv, in: Arnold Schönberg Center, Newsletter 6 (Februar-Juni 2000), S. 5-9.].

Die unterschiedlichen Stadien bei der Zusammenstellung des Manuskripts manifestieren sich in vier autographen Paginierungen, die sich zum Teil überschneiden. Die früheste, mit Bleistift abwechselnd in der rechten und linken oberen Ecke sämtlicher Seiten notierte Zählung durchläuft die Zahlen 1 bis 20 und umfaßt die Frühfassungen der Lieder 1 bis 3 und 5 bis 7 sowie der ersten Hälfte des achten Liedes (bis T. 688 der Partiturfassung) aus dem I. Teil, und zwar ohne das Vorspiel und die Zwischenspiele. (Das Nachspiel des sechsten Liedes wurde zu einem späteren Zeitpunkt auf der nur zur Hälfte beschriebenen letzten Seite der Frühfassung nachgetragen). Sie wurde durch eine spätere, überwiegend in der rechten unteren Ecke der ungeraden Seiten notierte Bleistiftpaginierung ersetzt, die auch die wenigen leeren Seiten einbezieht. Diese Zählung umfaßt mit den Seiten 1 bis 55 den gesamten ersten Teil mit Ausnahme des großen Orchesterzwischenspiels, der Schlußtakte des neunten und der Einleitungstakte des zehnten Liedes (T. 814 bis 956). Merkwürdigerweise fehlt bei dieser Paginierung die Seitenzahl 45, die bei durchlaufender Zählung eigentlich auf dem ersten Blatt des Bogens mit dem Zwischenspiel erscheinen müßte. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, daß Schönberg anstelle des nachkomponierten, einen kompletten Bogen einnehmenden Zwischenspiels ursprünglich eine kürzere, nur zwei Seiten beanspruchende Überleitung zum Lied der Waldtaube geplant hatte.

Die dritte, ebenfalls mit Bleistift vorgenommene Zählung umfaßt das auf insgesamt vierzehn Seiten notierte Melodram aus dem III. Teil der Gurre-Lieder mit Ausnahme der 21taktigen Überleitung zum Schlußchor (T. 740-900). Die zugehörigen Seitenzahlen finden sich abwechselnd in der rechten und linken oberen Ecke der jeweiligen Seiten. Dasselbe gilt für die letzte, mit Blaustift vorgenommene Paginierung, welche die Bleistiftpaginierung des Melodrams teilweise überschreibt. Sie läuft von 1 bis 76, wobei die Seitenzahlen 75 und 76 doppelt – das erste Mal vermutlich versehentlich für Vorder- und Rückseite des bereits ausgeschiedenen Blatts mit der Verlaufsskizze des Schlußchors – vergeben wurden, und umfaßt den gesamten dritten Teil des Werks mit Ausnahme der auf der letzten Seite des nicht paginierten II.Teils nachgetragenen 23taktigen Orchestereinleitung.

Da das Manuskript als unmittelbare Vorlage für die Partiturreinschrift (Quelle C) diente, weist es durchgängig autographe Kopiermarken und Akkoladenziffern auf, die überwiegend mit Bleistift, teilweise – vor allem im III. Teil – jedoch auch mit Tinte sowie rotem und blauem Farbstift geschrieben sind.

Außer der zusammenhängenden Niederschrift enthält das Manuskript vereinzelte Entwürfe, gestrichene Takte sowie eine das Ende des Melodrams und den anschließenden Schlußchor umfassende Verlaufsskizze, die Schönberg nach eigenen Angaben erst kurz vor Abschluß der Instrumentation im November 1911 ausgearbeitet hatte.