Titel

Werkgattungen

Papiersorten

Volltextsuche

Kategoriensuche

Verknüpfte Suche

Sie befinden sich hier: Alle Titel / Erwartung. Monodram in einem Akt / Streicherstimmen, autograph

Erwartung. Monodram in einem Akt

Quelle: Streicherstimmen, autograph

zum Notenmanuskript
zum Notenmanuskript

Quellentyp: Stimmen, autograph
Seiten: 36

Beschreibung: Vollständig überliefert sind die Stimmen der I. und II.Gg. sowie der Br., das Vcl. bricht nach T. 64 ab. Ob Schönberg weitere Stimmen geschrieben hat, ist unbekannt. Die nur fragmentarische Violoncellostimme könnte allerdings ein Hinweis darauf sein, daß tatsächlich nur diese vier Streicherstimmen angefertigt wurden.

I. Geige
Konvolut aus einer Lage zu drei Bögen Notenpapier, hoch 437x325 mm, gebunden mit weißem Faden; 20 vorgedruckte Systeme, ohne Firmenzeichen; die Rastralbreite der ungeradzahligen Systeme 6 mm, die der geradzahligen Systeme 9,5 mm. Überklebungen auf S. 4 (T. 110-111) und S. 9 (T. 371).

Überwiegend mit schwarzer Tinte beschriftet, weitere Eintragungen mit Rotstift (Taktzählung von 5 und ihrem Vielfachen, wobei Zahlen jeweils im Rechteck, sowie einige Unterstreichungen), Bleistift und roter Tinte. Zahlreiche Systeme handschriftlich nach rechts mit schwarzer Tinte verlängert. Paginierung ab S. 1v in den oberen Außenecken mit schwarzer Tinte von 2 bis 12.

Inhalt:
S. [1]: Titelblatt.
Oben rechts im 1. System: I. Geige. In Höhe der Systeme 4-6 in der Mitte: „Erwartung" (Monodrama) | (Dichtung von Marie Pappenheim) | von | Arnold Schönberg | op 17.
S. 2-10: Notentext. Der von I.Gg. zu spielende Notentext ist in die jeweils breiten Systeme eingetragen. Die schmalen Systeme enthalten für fast alle Takte Stichnoten (meist die Singstimme mit Text, oft aber auch Instrumentalstimmen); zuweilen befinden sich auch in den breiten Systemen weitere Stichnoten.
S. 11-12 ist leer.

II. Geige
Konvolut aus einer Lage zu drei Bögen Notenpapier, hoch 437x325 mm, gebunden mit weißem Faden; 20 vorgedruckte Systeme, ohne Firmenzeichen; die Rastralbreite der ungeradzahligen Systeme 6 mm, die der geradzahligen Systeme 9,5 mm. Überklebungen auf S. 5 (am Ende der Seite nach T. 241) und S. 6 (am Ende der ersten Akkolade nach T. 244).

Überwiegend mit schwarzer Tinte beschriftet, weitere Eintragungen mit roter Tinte (Taktzählung von 5 und ihrem Vielfachen, wobei Zahlen jeweils im Rechteck). Einige Systeme handschriftlich nach rechts mit schwarzer Tinte verlängert. Paginierung ab S. 1v in den oberen Außenecken mit schwarzer Tinte von 2 bis 10.

Inhalt:
S. [1]: Titelblatt.
Oben rechts über 1. System: 2. Geige. In Höhe der Systeme 2-6 in der Mitte: Monodram | Erwartung | (Dichtung von Marie Pappenheim) | von | Arnold Schönberg | op.17.
S.2-10: Notentext; Einrichtung wie I.Gg.
S.[11]-[12] ist leer.

Bratsche
Konvolut aus einem Einzelblatt und einer Lage zu drei Bögen Notenpapier, hoch 437x325 mm (das Einzelblatt hoch 437x348 mm), gebunden mit weißem Faden, außerdem das Einzelblatt am Rand auf die letzte Seite des äußeren Bogens,(=S. [14]) aufgeklebt; 20 vorgedruckte Systeme, ohne Firmenzeichen; die Rastralbreite der ungeradzahligen Systeme 6 mm, die der geradzahligen Systeme 9,5 mm. Das Einzelblatt war ursprünglich ebenfalls Teil eines kompletten Bogens. Dieser wurde jedoch nicht exakt in der Mitte, sondern so geteilt, daß ein etwa 23 mm breiter Rand der anderen Bogenhälfte bei.jdem Einzelblatt verblieb (daher das abweichende Format).
Überklebungen auf S. 7 (T. 188) und S. 8 (T. 238).

Überwiegend mit schwarzer Tinte beschriftet, weitere Eintragungen mit grüner Tinte (Taktzählung im Rechteck von 5.und ihrem Vielfachen) und Rotstift. Einige Systeme handschriftlich nach rechts mit schwarzer Tinte verlängert; auf S. 4, 8 und 10 ferner für einzelne Takte weitere Systeme (mit Stichnoten) handschriftlich mit schwarzer Tinte ergänzt. Paginierung ab S. 1v in den oberen Außenecken mit schwarzer Tinte von 2 bis 13.

Inhalt:
5. [1]: Titelblatt.
Oben rechts über 1. System: Bratsche. In Höhe der Systeme 3-8 in der Mitte: Erwartung | (Monodram) | Dichtung von Marie Pappenheim | Musik | von | Arnold Schönberg | op. 17 (in Aufteilung und Schrifttype dem Titelblatt der autographen Partierreinschrift C sehr ähnlich, die Buchstabentype des Wortes Erwartung entspricht außerdem exakt dem auf S. 3 im ersten Exemplar des 1. Korrekturabzugs E1a nachgetragenen Werktitel).
S.2-13: Notentext; Einrichtung wie I.Gg.
S. [14] ist leer.

Violoncello
Konvolut aus einer Lage zu drei Bögen Notenpapier, hoch 437x325 mm, gebunden mit weißem Faden; 20 vorgedruckte Systeme, ohne Firmenzeichen; die Rastralbreite der ungeradzahligen Systeme 6 mm, die der geradzahligen Systeme 9,5 mm.

Überwiegend mit schwarzer Tinte beschriftet, weitere Eintragungen mit grüner Tinte (Taktzählung im Rechteck von 5 und ihrem Vielfachen) und Lilastift. Einige Systeme handschriftlich nach rechts mit schwarzer Tinte verlängert. Nur S. 1v in der oberen Außenecke mit schwarzer Tinte mit 2 paginiert.

Inhalt
5 [1]: Titelblatt.
Oben rechts über 1. System: Violoncell. In Höhe der Systeme 3-7 in der Mitte: Erwartung | (Monodram) | Dichtung von Ma-Pappenheim | Musik von | Arnold Schönberg | op 17.
S.2-[3]: Notentext der Takte 1-64; Einrichtung wie I.Gg.
S. [4]-[12] ist leer.

Das äußere Erscheinungsbild aller Stimmen vermittelt den Eindruck einer überaus sorgfältig hergestellten Abschrift. Fast alle Takte, in denen das jeweilige Instrument zu spielen hat, enthalten Stichnoten, ebenso die meisten Pausentakte. Die Textqualität ist relativ gut, wenngleich für die einzelnen Parameter in unterschiedlichem Maße. Fehlerhafte Tonhöhen und Rhythmen kommen vergleichsweise selten vor. Etwas weniger gut sind der Sekundärtext (Dynamik, Phrasierung etc.) sowie die Tempovorschriften überliefert. Hier gibt es etliche fehlende oder abweichende Angaben. In wenigen Fällen, insbesondere im Hinblick auf spieltechnische Details, enthalten die Streicherstimmen aber auch zusätzliche bzw. genauere Vorschriften, die nicht Eingang in den Erstdruck der Partitur gefunden haben. Daß die Streicherstimmen wohl zugleich als Vorlage zur Vervielfältigung durch einen Kopisten gedacht waren, geht aus einer Bemerkung Schönbergs am unteren Rand von S. 2 der I.Gg. hervor (fast besser die Singstimme oben und die D Klarin. unten., so dann auch bereits die Verteilung in II.Gg.), die sich auf die Systemverteilung der Stichnoten in T. 15 bezieht.

Zur Datierung und stemmatischen Einordnung:
Die Stimmen I sind nicht datiert. Einen Hinweis auf den Zeitpunkt, zu dem die Stimmen geschrieben wurden, geben zum einen zwei Briefe der Universal-Edition an den Komponisten sowie eine Anfrage Erwin Steins, zum anderen einige Lesarten.
Offensichtlich aufgrund einer entsprechenden Anfrage hatte die Universal-Edition am 9.12.1914 Schönberg mitgeteilt, daß die Druckerei Geidel um eine möglichst zügige Übersendung von Korrekturabzügen ersucht werde. Denn, so Emil Hertzka, was das Ausschreiben der Monodram-Stimmen betr, so verstehe ich, dass Sie erst nach der zweiten Korrektur mit der Arbeit beginnen können. Am 14.1.1915 fragte der mit der Korrekturlesung beschäftigte Erwin Stein bei Schönberg an, ob er ein Verzeichnis der Fehler, die für das Stimmen-Ausschreiben in Betracht kommen oder [ein] Verzeichnis aller Korrekturen, die [er] jetzt mache, schicken solle. Demnach plante Schönberg also mit dem Ausschreiben der Stimmen zu beginnen oder hatte womöglich bereits angefangen. Daß der Komponist in den ersten Monaten des Jahres 1915 tatsächlich mit dem Ausschreiben von Stimmen beschäftigt war, bestätigt schließlich ein weiterer Brief der Universal-Edition, der wohl eine entsprechende Mitteilung Schönbergs wiedergibt. Am 15.2. 1915 schrieb Hertzka: Dass Sie fleissig mit dem Herausschreiben der Stimmen beschäftigt sind, ist mir sehr angenehm. Auch wenn das Werk hier nicht ausdrücklich genannt wird, ist angesichts der vorherigen Briefe davon auszugehen, daß von Erwartung die Rede ist, zumal kein anderes Werk in Betracht kommt.
Daß es sich bei den hier genannten Stimmen zu Erwartung tatsächlich um Quelle I handelt, wird dann durch eine Reihe von Lesarten bestätigt. Sicher ist zunächst, daß I erst nach den in E1a vorgenommenen Korrekturen angefertigt worden sein kann. Diese These läßt sich durch die folgenden vier Indizien erhärten:

1)
Die Darstellung des Glissandos von I.II.Gg. in der zweiten Takthälfte von T. 333:
Der in E1a auf S. 47 angeklebte Zettel (vgl. S. 56) belegt, daß die Darstellung des Glissandos von I.II.Gg. in T. 333 erst bei der Durchsicht des 1. Korrekturabzugs Ea1 genau ausgearbeitet wurde. Die hier entwickelte Schreibweise findet sich auch in den Stimmen der I.II.Gg. von I wieder, wobei sie in der I.Gg. um die Anweisung „glissando beginnt beim 10. Achtel dieses Taktes und geht über die ganze E-Saite vom es''' bis zum f' erweitert wurde.

2)
Die Hinzufügung des ff in T. 345 bei 2/8 in den Quellen E1a post corr. und I, nicht aber in C und E1a ante corr.

3) Die Änderung des Tempovorschrift in T. 348 bei 5/4 zu breit in den Quellen E1a post corr. und I, nicht aber in C und E1a ante corr.

4)
Die Änderung der Tempovorschrift in T. 245 bei 2/4 zu breit in den Quellen E1a post corr. und I, nicht aber in C und E1a ante corr.
Diese Lesart läßt sich nur mit Einschränkungen als Belegstelle heranziehen, da zwar die beiden Geigenstimmen der geänderten Lesart folgen, die Bratschenstimme hingegen eine Mischform überliefert.

Die Quelle E1a ante corr. kann auch deshalb nicht Vorlage für die Streicherstimmen gewesen sein, da sie noch eine Reihe von Stecherfehlern enthält, die in I aber richtig sind. Als Vorlage für I kämen somit zunächst E1a post corr., eines der beiden Exemplare von E2 sowie D* in Frage, außerdem vielleicht noch die beiden späteren Korrekturabzüge E3* und E4*. Für die Stichnoten der Frau könnten außerdem Klavierauszüge (eventuell auch Textbücher) herangezogen worden sein. Auch wenn nicht ausgeschlossen werden kann, daß Quellenmischung stattgefunden hat (vgl. unten), so grenzen zwei übereinstimmende Fehler die möglichen Vorlagen zunächst auf die Quellen E1a post corr. sowie E2 ein: In T. 195 war in der Singstimme bei 2/8-2/4 zunächst versehentlich b'-b' statt h'-b' gestochen worden. Dieser Fehler blieb in E1a unkorrigiert und wurde erst bei der Korrekturlesung von E2a und E2b richtiggestellt. Die fehlerhafte Lesart findet sich als Stichnote auch in den Stimmen der I. und II.Gg. von I (in der Bratschenstimme hier aber richtig). Außerdem war in der Bratsche in T. 412 bei 7.Nz. als obere Note ces' statt des' gestochen worden. Auch dieser Fehler, der sich unkorrigiert in allen überlieferten Korrekturabzügen findet, in F dann aber beseitigt ist, fand Eingang in I. Da es unwahrscheinlich ist, daß auch D* diese beiden Fehler enthielt, und ferner der erste Fehler in E2 korrigiert wurde, somit E3* und E4* die richtige Lesart aufweisen dürften, scheiden diese Quellen als mögliche Vorlagen für I aus.
Um die Jahreswende 1914/15 ist Schönberg vermutlich im Besitz der Partituren C, D*, E1a, E2a und E2b gewesen. (Die nochmalige Zusendung von E1a war deshalb notwendig, weil Schönberg sonst die korrekte Ausführung seiner Korrekturen nicht hätte überprüfen können.) E1a, E2a und C dürften Anfang Januar an Erwin Stein gegangen sein, der Schönberg in den folgenden Wochen mehrere Fehlerlisten und Anfragen zusandte, die dann entsprechende Eintragungen in E2b nach sich zogen. Somit war E2b für Schönberg zur Referenzquelle geworden, und es liegt deshalb nahe, daß diese Quelle auch als Vorlage für die Stimmen herangezogen wurde. Daß E2b in der Tat zum Stimmenausschreiben verwendet wurde bzw.
werden sollte, geht aus einigen Eintragungen hervor: zunächst aus dem auf S. [2] aufgeklebten Zettel, ferner aus einer Bemerkung auf S. 19, die sich auf T. 151-152 in 1.2.3.4.Hr. bezieht (Es ist den Hornisten gerne überlassen den lokalen Verhältnissen entsprechend hier eine andre Verteilung zu wählen, wenn dadurch Sicherheit und Stärke der Tongebung gewinnen.) und von Schönberg ausdrücklich mit dem Vermerk In die Stimmen versehen wurde, schließlich aus der am Ende von T. 324 im System der I.Gg. geschriebenen Notiz Wendestelle. Tatsächlich ist in I sowohl in der I.Gg. als auch in der II.Gg. an dieser Stelle ein Seitenwechsel. Außerdem gibt es zwei Eintragungen, die keine Fehlerkorrekturen, sondern Präzisierungen von Spielanweisungen darstellen: In T. 5 und T. 30 hat Schönberg in der Bratschenstimme jeweils spiccato zu den mit Stakkato versehenen Tönen hinzugefügt. Es ist naheliegend, daß dieser Zusatz nicht bei einer Korrekturlesung der Partitur, sondern beim Ausschreiben der Stimme eingetragen wurde: er findet sich auch in I.
Offensichtlich hatte Schönberg mit dem Stimmenausschreiben begonnen, noch ehe Stein die zweite Korrektur abgeschlossen hatte. Darauf deutet zunächst die bereits oben angeführte falsche Lesart der Singstimme in T. 195 hin. Sie wurde in E2a und auch in E2b korrigiert, doch besitzt allein die Bratschenstimme von I die richtige Lesart, während I. und II.Gg..noch die fehlerhaften Noten überliefern. Daneben blieben vereinzelt auch weitere übereinstimmende Fehlerkorrekturen und Nachträge aus E2a und E2b unberücksichtigt. Schließlich gibt es in I einige deutlich erkennbare Korrekturspuren, die zweifellos mit E2a sowie mit den späteren nur in E2b überlieferten und wohl aus späteren Korrekturlesungen stammenden Korrekturen zusammenhängen. Dazu gehören u. a. in T. 3 in Vcl. das 1.-2.Nz. (doppelt punktierte Achtelpause-32stel-Note ist Korrekturergebnis für punktierte Achtelpause-16tel-Note), in T. 13 in 1.2.Vcl. das letzte Nz. (m. Dpf ergänzt; in I ante corr. o.Dpf und für 1.Vcl. erst in T. 15 die - auch später nicht gestrichene -Vorschrift Dämpfer auf), in T. 228 in II.Gg.II das 7.Nz. (es"' ist Korrekturergebnis für e"') und in T. 248 in I.Gg. das 19/16 (g" ist Korrekturergebnis für f"). Somit dürfte als gesichert gelten, daß E2b als Vorlage für I diente und die dort erst sukzessive eingetragenen Korrekturen zumindest teilweise auch in die Stimmen übertragen wurden. Daß in der Br. der Stichnotenfehler in T. 195 vermieden und die späte Textkorrektur von T. 354 (vgl. unten) berücksichtigt ist, könnte ein Hinweis darauf sein, daß Schönberg zunächst mit den beiden Geigenstimmen begonnen hat. Mit Ausnahme des Titelblatts lassen sich allerdings keine äußeren Anhaltspunkte (Schreibmaterialien, Schriftduktus etc.) finden, die eine größere zeitliche Lücke zwischen der Abschrift von I. und II.Gg. auf der einen und Br. und Vcl. auf der anderen Seite nahelegen würden. Als Zeitpunkt der Abschrift kommt somit die erste Hälfte des Jahres 1915 in Betracht.
Bei den Stichnoten kommen allerdings eine Reihe von gegenüber E2b abweichenden Lesarten vor, die übereinstimmend in mehreren Stimmen überliefert sind. Außerdem gibt es einige Lesarten, die zwar von der Fassung des Korrekturabzugs abweichen, wohl aber mit anderen Quellen oder der Frühfassung von C übereinstimmen.

Es ist unwahrscheinlich, daß Fehler, die in mehreren Stimmen auftreten, unabhängig voneinander entstanden sind. Das läßt nur die folgenden zwei Schlüsse zu. Entweder gab es neben E2b eine weitere - unbekannte - Vorlage, die diese abweichende Lesart enthielt, oder aber Schönberg griff beim Ausschreiben der Stichnoten nicht jedesmal neu auf E2b zurück, sondern orientierte sich an den bereits geschriebenen Stimmen, so daß der Fehler auf diese Weise weitergegeben wurde. Und in denjenigen Fällen, wo die Stichnoten der Stimmen Lesarten anderer Quellen bzw. eine mögliche Frühfassung von C überliefern, könnte dies entweder bloßer Zufall (es handelt sich ja stets um geringfügige rhythmische Abweichungen, bei denen es vielleicht nicht so genau auf Exaktheit ankam) oder aber ebenfalls auf die Lesart der unbekannten Vorlage zurückzuführen sein.
Eine Entscheidung für eine der beiden Möglichkeiten läßt sich nicht treffen. Daß eine Vorlage die fehlerhaften Lesarten bzw. die Frühfassungen enthielt, erscheint - wie etwa der autographe Klavierauszug L belegt - durchaus möglich. Dafür käme vor allem D* in Betracht. Auch die auffällige Häufung von Abweichungen des zu singenden Textes in den Stichnoten der Br. - als Beispiele seien genannt: T. 10 3/4: schön statt warm; T. 66 2-6/8: so ferne statt und ferner T. 91 2/4: Nein statt Ach; T.104 5-6/8: hell statt lang; T.130 4/4: wohl Hauch statt Halm; T.149 9/16: nein statt Ach; T.163 4.Nz.: doch statt nur, T. 225 5.-6.Nz.: schöner statt heller - mag diesen Schluß, insbesondere die Annahme einer handschriftlichen und weniger leicht lesbaren statt einer gedruckten Quelle nahelegen (hier käme möglicherweise auch die verschollene Textbuchabschrift TB* ins Spiel, und zwar entweder als direkte Vorlage für die Br. von I oder aber als Vorlage für D*). Allerdings läßt sich kein triftiger Grund dafür finden, daß Schönberg für den zu spielenden Notentext auf E2b, für die Stichnoten hingegen partiell auf eine andere Vorlage zurückgegriffen haben soll. Auch erscheint es wenig naheliegend, daß Schönberg für die Stichnoten nicht die Vorlage, sondern zumindest teilweise die bereits geschriebenen Stimmen konsultierte, denn die Schnittmenge der zwischen den Stimmen übereinstimmenden Stichnoten ist doch erstaunlich klein. Eine derartige Arbeitsweise hätte Schönberg also nicht der Mühe enthoben, doch immer wieder auch die Partitur heranzuziehen. Effizient wäre ein solches Verfahren zweifellos nicht gewesen. Nicht auszuschließen ist ferner, daß - aus welchen Gründen auch immer - Quellenmischung stattgefunden hat.

(für die zitierten Briefe vgl. GA, Reihe B, Band 6/2, Dok. I 227, I 214, I 220)



Quellensiegel: I
Gesamtausgabe: Reihe B, Band 6/2, S. 68-72
Standort: Arnold Schönberg Center
Signatur: MS17, ohne Archivnummer

Digitale Reproduktion:

Format JPG, Druckqualität: 200 dpi
Der Download ist kostenlos.


zum Download
Reproduktion downloaden



zurück